Regional und nachhaltig einkaufen im MarktTreff: Aus Regionalität wird gute Nahversorgung

K i e l  MT 09.09.2020 – Die Corona-Krise habe „schon sehr den enormen Stellenwert einer flächendeckenden, regionalen, also heimischen Erzeugung, für uns alle deutlich gemacht“, bekundete jüngst Bundesministerin Julia Klöckner, Deutschlands oberste Wächterin über die Lebensmittelproduktion und -versorgung.

Dass regionale und biologisch erzeugte Lebensmittel mehr sind als ein kurzfristiger Trend, beweisen sowohl die seit Jahren stetig steigende Nachfrage bundesweit als auch die mittlerweile 42 MarktTreffs in Schleswig-Holstein. Sie sichern die Nahversorgung im Land zwischen den zwei Meeren. Und sie entwickeln ständig neue Ideen und Initiativen für regionale Produkte, Vertriebswege und Vermarktungskonzepte. Wir stellen Ihnen einige ausgewählte vor.

Kein Gegensatz: auf dem Land „24/7“ frisch versorgt mit Premium-Rind

Rund 1,5 Millionen Rinder und Kühe gibt es in Deutschlands nördlichstem Bundesland. Ziemlich in der Mitte – genauer: in Hamdorf in der Eider-Niederung – leben 500 von ihnen auf den Weiden von Tobias Carstens. Das klingt im ersten Vergleich dazu recht wenig; schaut man sich die Geschichte dahinter an, wird diese Zahl aber umso beeindruckender.

Denn Carstens startete als Jugendlicher mit nur vier Tieren: „Wir sind eine Familie ohne direkten landwirtschaftlichen Bezug. Die ersten Rinder habe ich mir von meinem Konfirmationsgeld gekauft, wir haben sie dann hinter dem Elternhaus auf einer Koppel gehalten.“ Einige Jahre ist das nun her – aus dem „Jugendtraum“, wie es Carstens beschreibt, ist inzwischen ein Bauernhof geworden, bio-zertifiziert, mit Mitarbeitenden und 500 robusten Highland Cattle und Galloways. „Alte Viehrassen, die viele Naturschutzflächen rings um unseren Hof pflegen, naturnah und ganzjährig“, erklärt der 27-Jährige sein ganzheitliches Konzept: „Dank dieser extensiven Haltung hat unsere Landwirtschaft sogar einen positiven ökologischen Fußabdruck. Mein Ziel ist ein möglichst autarker Betrieb. Wir haben alles in der eigenen Hand – von der Zucht über die Beweidung und die Pflege der Flächen bis hin zur Schlachtung und Vermarktung.“

Dazu zählen die verschiedenen Wege, wie Kundinnen und Kunden an Carstens‘ Salami, Entrecôte, Braten und noch vieles mehr kommen: direkt ab Hof, auf Wochenmärkten, ob in einem Feinkost-Supermarkt in der Landeshauptstadt Kiel, in Restaurants oder im Verkauf innerhalb des Öko-Netzwerks Regionalwert AG; die Hamburger Bürger-Aktiengesellschaft hat Carstens‘ Betrieb als Lizenzpartner ausgewählt und investiert einen sechsstelligen Betrag in dessen langfristigen Ausbau.

MarktTreff Christiansholm: Tobias Carstens an der Regio-Box

Besonders stolz ist Tobias Carstens auf die Regio-Box, seinen Verkaufsautomat am MarktTreff in Christiansholm (Kreis Rendsburg-Eckernförde). Für den Jungunternehmer ein „kleines, aber ganz wichtiges Puzzlestück“. Die Box steht direkt im örtlichen Dorfzentrum an der Bundesstraße, wird regelmäßig frisch bestückt, ist sieben Tage die Woche rund um die Uhr in Betrieb. Dabei sind Geld- und Kartenzahlung möglich – „und wenn etwas ausverkauft ist oder es eine Schwankung in der Kühlung geben sollte, benachrichtigt mich das eingebaute System automatisch auf dem Smartphone“, erläutert Carstens.

Gerade im Sommer seien die konfektionierten Grill-Pakete mit feinsten Steaks und Bratwürsten der Publikumsrenner. „Jeder kennt es: sonntagnachmittags Lust auf Grillen, aber nix im Kühlschrank“, sagt Carstens und lacht. Dieses Problem ist für Christiansholm und Umgebung – Regio-Box sei Dank – besonders schmackhaft gelöst.

Unter einem Dach: Grundversorgung für alle plus regionale Individualität

„Über zwei Drittel der MarktTreffs führen regionale Produkte als festen Bestandteil ihres Lebensmittel-Angebots“, betont Ingwer Seelhoff vom landesweiten Projektmanagement. Er kennt alle 42 multifunktionalen Dorfzentren in Schleswig-Holstein. Obst und Gemüse sowie Fleisch- und Wurstwaren, gefolgt von Molkereiprodukten, sind dabei jene Sortimente, die am häufigsten aus dem näheren Umkreis den Weg in den Dorfladen finden. Seelhoff weiter: „Damit bilden – ziemlich genau in dieser Reihenfolge – die MarktTreffs den Trend des deutschen Lebensmitteleinzelhandels ab.“

Ein Beispiel dafür ist der MarktTreff Todenbüttel im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Viele Produkte in den Regalen bei „Buttenschöns“ tragen das Label der hiesigen Landwirtschaftskammer (mit der grünen Bundesland-Silhouette und den beiden in blau gehaltenen Meeren): „Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“.

Johanna Buttenschön, die gemeinsam mit ihrem Mann Felix das Geschäft führt, erklärt ihre Vorstellung von einem guten Lebensmittelgeschäft im ländlichen Raum: „Wir sind als nahkauf der kompetente Nachbarschaftsmarkt, der alles für eine gute Nahversorgung bietet. Darüber hinaus führen wir Fleisch und Wurst unseres Schlachters aus Hohenwestedt. Zudem ist eine Café-Filiale von Martins Meisterbäckerei, ebenfalls aus Hohenwestedt, dabei.“

Damit versorgt der MarktTreff – gebündelt unter einem Dach – mit umfangreichem Frische-Sortiment Kundinnen und Kunden aus der 1.000-Einwohner-Gemeinde.

Johanna Buttenschön vom Markttreff Todenbüttel legt Wert auf regionale Vielfalt.
Regionale Wurst- und Fleischwaren im MarktTreff Beidenfleth

Einen vergleichbaren Ansatz verfolgt Andreas Eckelmann, MarktTreff-Betreiber aus Beidenfleth (Kreis Steinburg). Im Hauptberuf Verkäufer für Brokkoli-Importe aus Ecuador und eigentlich nur nebenbei Dorf-Höker, zeigt Eckelmann, was dieses „eigentlich nur nebenbei“ bedeutet: Sein MarktTreff ist heute die „Nummer eins“ in der Region, wenn es um lokale Produkte aus handwerklicher sowie naturschonender Produktion geht.

Rund zwanzig Betriebe aus der direkten Nachbarschaft und einem Radius von überwiegend weniger als 15 Kilometer zählen zu Eckelmanns Lieferanten. „Grundversorgung konsequent mit dem Schwerpunkt auf Regionalität und Saisonalität. Das ist von Anfang an unser Alleinstellungsmerkmal“, so der 52-Jährige. Dabei betont Eckelmann: „Corona mit all’ seinen Begleiterscheinungen hat doch gezeigt, dass sich die Verbraucher mehr Sicherheit wünschen bei der Herkunft ihrer Lebensmittel. Sie legen mehr Wert auf die Umstände der Produktion und auf faire Löhne. Wir sind als Einzelhändler in der Pflicht, das transparent zu machen. Und Corona hat uns nochmal auf unserem Weg bestärkt.“

Mitarbeiterin Karin Kolbe beim Packen einer Kundenbestellung vor der Karte mit den regionalen Lieferanten des MarktTreffs Beidenfleth.

Lebensqualität: dank regionalen Produktions- und Vermarktungsnetzwerken

Ein deutscher Küchenklassiker mit allen Zutaten aus zehn Kilometer Umkreis – dafür steht Mels Restaurant auf Hof Viehbrook (Kreis Plön). „Von unseren hofeigenen Schweinen hat die Fleischerei Einfeldt & Sohn grandiosen Schinken geräuchert, der Spargel kommt von Eberlein aus Kleinkummerfeld“, preist Mel Sussmann seine Lieblingsspeise. „Das eine ist seit 1881 Familienbetrieb, das andere eine inhabergeführte Einzelhandelsgärtnerei mit fünf Jahrzehnten Erfahrung im Spargelanbau. Diese Qualität finden Sie nicht im Supermarkt.“

Der Chefkoch betreibt gemeinsam mit seinem Team das nach ihm benannte Restaurant im Ländlichen Kultur-, Bildungs- und Erlebniszentrum nahe Neumünster. Vieles stellen sie hier auf dem Hof und der angeschlossenen Landwirtschaft selbst her; was fehlt, wird mit Priorität aus dem Umland, das heißt im Schnitt zehn Kilometer rings um Viehbrook, besorgt – und vor Ort gekocht.

Und weil immer mehr Gäste nachfragten, gibt es im MarktTreff-Hofladen nun eigene Produkte zum Mitnehmen. Sussmann über seine Qualitätslinie: „Wir haben erst einmal mit hausgemachten Saucen wie beispielsweise BBQ, Chili und unserem Apfel-Zwiebel-Relish begonnen. Nur ausgewählte Zutaten und eigene Verarbeitung – natürlich alles in wiederverwendbaren Gläsern und Flaschen.“

Durch den virus-bedingten Ausnahmezustand ist ein weiterer Vorteil der regionalen Produktion und Vermarktung präsent geworden. Darauf weist Manfred Langer vom MarktTreff Heidgraben (Kreis Pinneberg) hin – er führt Bier aus dem weltweit bekanntesten Dorf im echten Norden: „Der Wacken-Brauerei sind durch den Shutdown die Umsätze des Open-Air-Festivals weggebrochen. Wir bieten den Jungs der Brauerei unsere Hilfe an und verkaufen deshalb die tollen Craft-Biere aus Schleswig-Holstein.“

Das zugehörige Verkaufs-Display, in stilsicherer Metal-Optik, war in wenigen Minuten aufgestellt. „Das kracht und sorgt für Abwechslung. Und die Leute trinken mit gutem Gewissen Bier, weil sie wissen: Mein Geld bleibt in der Region“, fasst Langer zusammen.

... und im MarktTreff Heidgraben zum Wacken-Bier die beliebten Würstchen aus Tornesch.

Erlebbare Vielfalt: Foodtrends treffen auf Althergebrachtes

Gut zwei Millionen Treffer liefert die Online-Suchmaschine Google für den Begriff „Foodtrend“. Craft Beer ist einer der wichtigsten davon. Ein weiterer ist hierzulande die wiederentdeckte Liebe zum Speiseeis. Und wie beim Bier gilt: Nicht die industriell produzierte Massenware großer Lebensmittelkonzerne, sondern das handwerklich Selbstgemachte aus kleinen Produktionsstätten mit regionalem Bezug, bevorzugt „Manufaktur“ genannt, steht hoch im Kurs.

So hat eine kleine Firma vom Elisabeth-Sophien-Koog auf Nordstrand den aus der Wirtschaftswunder-Zeit stammenden Namen „MUKU Eis“ wieder zum Leben erweckt: neben typischen Sorten wie Schokolade oder Zitrone gibt es die Geschmacksrichtung Sanddorn, natürlich mit Vollmilch und Sahne vom örtlichen Bauernhof. Und die Lütten freuen sich auf „Wattwürmchen“, so heißt bei MUKU das Spaghetti-Eis in der nordfriesischen Variante.

Der Rantrumer MarktTreff bietet die erfrischenden Überraschungen und bedient einen weiteren Trend mit Regionsbezug: Energy- und Iso-Drinks eines heimischen Anbieters.

Süßes aus der Nordstrander Eismanufaktur im MarktTreff Rantrum ...
... und außerdem: regionaler Energy-Drink aus Meldorf

Mit einem echten Feinschmecker-Tipp überzeugt Halligkaufmann Ove Lück vom MarktTreff Hallig Hooge: „Probieren Sie mal Hallig-Honig. Das außergewöhnliche Ökosystem des Weltnaturerbes Watt findet sich in jedem Glas wieder. Für den unverwechselbaren Geschmack sorgen der Gewöhnliche Strandflieder – auch Halligflieder genannt –, Weiß- sowie Rotklee und andere Pflanzenarten, die hier auf den Halligen wachsen.“

Leckerer Honig von Blüten und Flieder der Halligen Hooge und Langeneß

Hinter allen hier portraitierten Menschen und der „Regionalität“ steht das Bewusstsein für zukunftsfähigen Anbau,  Produktion, Veredelung und Vermarktung. Von der Schonung der natürlichen Ressourcen und dem Landschaftsschutz durch die Art der Landbewirtschaftung über faire Arbeitsbedingungen, Klimaschutz dank kürzerer Transportwege bis hin zum täglichen Einkaufen im MarktTreff.
Mehr Lebensqualität in der eigenen Gemeinde: Das verbindet die hohe Qualität der einzelnen Produkte mit wohnortnahem Einkaufen. Zudem tun die regionalen Lebensmittel eines: einfach gut schmecken.

nach oben