MarktTreff-Beirat: von Dorfladen mit regionalem Erfolgskonzept bis Hightech-Logistikzentrum
MarktTreff-Beirat tagte bei REWE Nord – Preis für Masterarbeit über MarktTreff-Gemeinde – MarktTreff Brekendorf erweitert seine Angebote
H e n s t e d t-U l z b u r g / B r e k e n d o r f MT 07.12.2023 – Die jüngste Sitzung des MarktTreff-Beirats führte jetzt eindrucksvoll lokale, regionale und globale Welten zusammen. Unter Vorsitz von Werner Schwarz, Minister für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz, trafen sich Spitzenvertreter:innen der offiziellen Partner-Institutionen, um aktuelle Themen, Einblicke und Perspektiven rund um MarktTreff und Nahversorgung in ländlichen Räumen Schleswig-Holsteins zu diskutieren. Zu Gast war der Beirat beim 2022 eröffneten Verwaltungs- und Logistikzentrum der REWE Nord in Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg). Die REWE Nord ist einer von mehreren Lieferanten, die als Großhändler MarktTreff-Läden versorgen.
Warme Worte bei klirrenden Außentemperaturen: „Herzlich willkommen in unserem neuen ‚Regionsherz‘, fühlen Sie sich bitte wie zu Hause“, begrüßte Jochen Vogel als Vorsitzender der Geschäftsleitung Minister Schwarz und die rund 30 geladenen Gäste im zentralen Unternehmenssitz der REWE Nord. Mit ihrem Einzugsgebiet von Schleswig-Holstein und Niedersachsen über Hamburg und Bremen bis hin zum Norden Nordrhein-Westfalens bespielt die REWE Nord eine der größten Regionen des Lebensmittelhändlers in Deutschland. Eingebunden in dieses „Konzert eines Großen“ sind gegenwärtig sieben REWE nahkauf-Läden in schleswig-holsteinischen MarktTreffs.
Als Vorsitzender des Beirats hob Minister Schwarz dessen bewährten Kern hervor: ein Format in Präsenz, das für persönlichen Kontakt und Austausch stehe. Den Beiratsmitgliedern dankte Schwarz für Ihre großenteils ehrenamtliche Tätigkeit: „Das Erfolgsmodell MarktTreff funktioniert, das starke Netzwerk Ihrer Partnerinstitutionen steht dahinter – und dafür danke ich Ihnen allen sehr herzlich.“
Auch in der neuen Förderperiode nehme das Förderprojekt MarktTreff eine bedeutende Rolle bei der Ländlichen Entwicklung ein, so Schwarz. Es gelte, das Landesprojekt weiter so „innovativ, dabei auch bodenständig umzusetzen“ – um so für die Menschen „im Alltag wirklich praktische Bezugsorte“ in den ländlichen Gemeinden zu schaffen: Orte, die mit Engagement belebt und stark frequentiert würden.
Als selbst erlebte „gute Praxis“ stellte Minister Schwarz seine persönlichen Eindrücke vom Besuch des neuen Glasauer MarktTreffs (Kreis Segeberg) heraus, den er während seiner ministeriellen Sommerreise in diesem Jahr besucht hatte. Der dort gebotene 24/7-Ladenbereich leitete sogleich über in die erste Diskussionsrunde des Beirats: die Diskussion über Rund-um-die-Uhr- sowie Sonn- und Feiertagsöffnungszeiten – und dies insbesondere in innovativen Nahversorgungsangeboten. Schwarz hierzu: „Zurzeit gibt es noch unterschiedliche Auslegungen der aktuellen Rechtslage. Hier sind wir als Landesregierung in der Pflicht, transparente Regelungen zu schaffen, die die besondere Lage in ländlichen Räumen berücksichtigen.“ Er habe bereits mit seinem Kabinettskollegen, Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen, Kontakt aufgenommen. „Ich hoffe auf eine konstruktive Diskussion“, gab der Minister sich hoffnungsfroh.
REWE-Nord-Gastgeber Jochen Vogel sowie Sebastian Stein, Vertriebsleiter nahkauf bei der REWE Nord, gaben Einblicke in aktuelle konzerneigene Entwicklungen, eingebettet in einen Blick auf die gegenwärtige Lage und Trends der gesamten Lebensmitteleinzelhandels-Branche.
Mit Andreas Eckelmann vom MarktTreff Beidenfleth (Kreis Steinburg) und Christian Rahe vom MarktTreff Viehbrook in Rendswühren (Kreis Plön) brachten zwei erfahrene „MarktTreff-Händler:innen vor Ort“ ihre Stimmen und Erfahrungen mit ein. Betreiber Eckelmann skizzierte das Verkaufskonzepts seines MarktTreffs im 850-Einwohner-Dorf in der Wilstermarsch. Er und sein Laden-Team führten circa 250 Produkte von regionalen Produzent:innen, aus einem Umkreis von maximal 15 Kilometer. Mit einem ehrenamtlichen Helferteam werde die verlässliche Anlieferung organisiert. „Unser Konzept und unser Alleinstellungsmerkmal: Wir verbinden in unserem Laden sowohl Preiseinstiegssortimente als auch diesen besonderen regionalen Schwerpunkt. Deshalb kaufen die Menschen bei uns ein“, fasste Eckelmann zusammen.
Damit sich das Erfolgskonzept langfristig im Wettbewerb mit den großen Lebensmittelmärkten halten könne – und idealerweise weitere Nachahmer an anderen Standorten finde – sei jedoch Unterstützung vonseiten der Politik als auch der Lieferanten nötig.„‚Regionalität‘ als Begriff ist leider nicht näher definiert oder geschützt“, so Eckelmann. Deshalb seien für die Kund:innen transparente Regelungen wünschenswert. Zudem appelliere er, für faire Einkaufspreise zu sorgen für die „kleinen Händler, beispielsweise diejenigen, die im Nebenerwerb viele der Kleinstflächen bewirtschaften.“
Christian Rahe von Hof Viehbrook ist unter anderem Produzent und Vermarkter von Wildfleisch-Produkten im Kreis Plön – der hofeigene MarktTreff-Laden ist dafür einer der relevanten Verkaufspunkte. Prinzipiell gebe es aus landwirtschaftlicher Sicht für die Vermarktung bereits eine „gute Gebietskulisse in Schleswig-Holstein und bundesland-grenzübergreifend“, betonte Rahe. „Marsch“, die Region „Dithmarschen“ oder etwa das „Alte Land“ seien bekannte Herkunftstitel für traditionelle und bei den Kund:innen beliebte Genuss-Spezialitäten. Dies würden verschiedene Regionalvermarktungsinitiativen bereits nutzen – und darauf könnten Produzenten und Vermarkter in Norddeutschland weiter aufbauen.
Am Beispiel des eigenen Wildbetriebs zeigte Rahe den Beiratsteilnehmenden anschaulich die vielen Facetten der täglichen Arbeit auf – und die Fragen, die er sich als nachhaltig engagierter Unternehmer stelle: „Wie reduzieren wir zum Beispiel Leerfahrten in der Verarbeitungskette? Welche Verordnungen gilt es, in den verschiedenen Produktionsschritten bei den verschiedenen Beteiligten einzuhalten – und wie prüfen wir sie sicher? Oder: Wie kann ich bei alledem für das fertige Produkt einen sozialverträglichen Preis aufrufen?“
Rahes Ausführungen stießen auf offene Ohren, gerade bei Gastgeber Jochen Vogel: „Wildfleisch ist wirklich ein gutes Beispiel“, hob er hervor. In diesem Segment sei der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland bekanntermaßen oft dominiert von neuseeländischer Tiefkühl-Importware. „Wir bekennen uns zu Lokalität und Regionalität. Am Ende ist mir natürlich lieber, frisches heimisches Wild in der Auslage unserer REWE-Märkte zu sehen.“ Und Vogel verwies auf unternehmenseigene Programme wie „Lokal-Partnerschaft“, die die Themen Lokalität und Regionalität – beispielsweise im Fleisch-, Obst und Gemüsesegment – herausstellten.
Logistik-Betriebsleiter Sven Petersen bot den Beiratsmitgliedern die Gelegenheit, das „Regionsherz der REWE Nord“ live zu erleben. Auf einem über einstündigen Rundgang führte Petersen durch den rund 17 Fußballfelder großen Gebäudekomplex (über 100.000 Quadratmeter), bestehend aus Logistiklager, Verwaltungsbüros, eigenem Veranstaltungs- und Schulungszentrum, hauseigenem REWE-Markt, Fitnessstudio und mehr – über 1.000 Mitarbeiter:innen beschäftigt das Unternehmen in Henstedt-Ulzburg.
Kern des Standorts sind die zum Teil über 30 Meter hohen Erdgeschosshallen mit einem der modernsten Logistikkomplexe Europas: nahezu vollautomatisierte Anlagen, kilometerlange Rollbahnen sowie Leitungen, unterschiedlich temperierte Kühl- und Lagerzonen. In den Bereichen Energieeffizienz und Klimaschutz liefert eine großflächige Photovoltaik-Anlage auf den Gebäudedächern einen Großteil des selbstverbrauchten Stroms. Als landesweites Pilotvorhaben wird ein erster wasserstoff-betriebener Liefer-LKW mit Anhänger im Test erprobt.
Nach den Diskussionsrunden im Beirat brachte der Rundgang durch den stark digitalisierten Realbetrieb für viele der Teilnehmenden bis dahin nicht gekannte Einblicke. Ina Alter, für MarktTreff zuständige Referentin im Landesministerium, fasste die Beiratssitzung 2023 so zusammen: „Die Vielfältigkeit unserer schleswig-holsteinischen MarktTreff-Welt ist vom Beirat erneut mit vielen inhaltlich innovativen Impulsen und Aspekten verknüpft worden. Auch auf dieser Ebene hat sich wieder gezeigt: MarktTreff ist ein lernendes Projekt – und dabei war diesmal der Blick in die derzeit modernste Logistik ein erhellendes Highlight.“
+++ Masterarbeit über MarktTreff-Gemeinde Kirchbarkau gewinnt Platz 2 des Possehl-Ingenieurpreises
Die Autorin einer Masterarbeit über die MarktTreff-Gemeinde Kirchbarkau (Kreis Plön) ist mit dem 2. Preis des diesjährigen Possehl-Ingenieurpreises ausgezeichnet worden: Nicole Krutik, Studierende an der Technischen Hochschule Lübeck, erhielt die Ehrung 2023 für ihre Arbeit „Städtebauliche Intervention in Kirchbarkau – Vom Wohnort zum Lebensort“.
Nominiert worden war Krutik von Prof. Dipl.-Ing. Lydia Rintz (TH Lübeck). Bereits beim von der Hochschule veranstalteten „Runder Tisch Ländlicher Raum“ auf der Gollan Werft in Lübeck war die Arbeit von Nicole Krutik im Juni 2023 auf großes Interesse gestoßen. Im Wettbewerb um den Possehl-Ingenieurpreis der Possehl-Stiftung Lübeck hatten die Nominierten jeweils fünf Minuten Zeit, ihre komplexen Arbeiten den etwa 100 Gästen im Bauforum der Technischen Hochschule vorzustellen. „Ich bin wirklich begeistert“, sagte Max Schön, Vorsitzender der Possehl-Stiftung. „Es ist allen Nominierten gelungen, einen komplizierten Sachverhalt, mit dem sie sich monatelang intensiv beschäftigt haben, für jede:n im Publikum gut verständlich darzustellen.“
+++ MarktTreff Brekendorf: Gesundheitsangebote expandieren – weitere Physiotherapeuten gesucht
Der MarktTreff in Brekendorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde) ist von Beginn an eine Erfolgsgeschichte. Mit 24/7-Supermarkt, Multifunktionsraum, Bistro, Medientankstelle bis zur Physiotherapiepraxis. Und die Praxis wird so gut angenommen, dass sie expandieren will. „Darüber freuen wir uns sehr“, sagt Lutz Hippe, Vorsitzender der Bürgergenossenschaft Brekendorf / Hüttener Berge eG als Betreiberin der Immobilie. „Derzeit ist die Nachfrage bei Physiotherapien anscheinend sehr hoch. Deshalb würde unsere Praxis gern noch eine Kollegin oder einen Kollegen aufnehmen. Bei Interesse gern melden – über eine Weiterleitung an mögliche Interessenten sind wir ebenfalls sehr dankbar“, so Hippe (https://bg-brekendorf.de/).
Im Obergeschoss hat die Bürgergenossenschaft vor kurzem Räume an eine private Praxis für Psychotherapie vermietet. „Der Bedarf in der Region ist in diesem Bereich ebenfalls hoch. Auch diese Praxis wird gut frequentiert.“ Damit stärkt Brekendorf weiter seine gesundheitlichen Angebote – und den MarktTreff als multifunktionales Zentrum im Ortskern.
Informationen zu Gründung und Betrieb eines MarktTreffs
Bei Interesse an der Gründung eines neuen MarktTreffs nehmen Sie bitte Kontakt auf mit dem Projektmanagement unter: gruendung@markttreff-sh.de
Detaillierte Informationen zum Projekt MarktTreff mit vielen Arbeitshilfen und aktuellen Tipps finden Sie unter:
www.markttreff-sh.de
Das Projekt MarktTreff wird gefördert durch den europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER), die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) und das Land Schleswig-Holstein.
Fotos: MarktTreff SH / ews group; Felix König - TH Lübeck - Possehl-Stiftung