MarktTreff-Beirat diskutiert Chancen der Digitalisierung – „Faktor Mensch“ bleibt im Mittelpunkt

K i e l    MT 07.11.2017 – Schwerpunkt der diesjährigen Sitzung des landesweiten MarktTreff-Beirats war die zunehmende Bedeutung von Online-Strategien. Das Treffen fand erstmals in den Räumen eines realen MarktTreffs statt: Die rund 1.000 Einwohner zählende Gemeinde Hohenfelde im Kreis Plön war Gastgeberin für die zahlreich erschienenen Spitzenvertreter der großen Landesverbände und MarktTreff-Partner.

„Die neue Hausleitung, Innenminister Hans-Joachim Grote, hat eine große Wertschätzung für das MarktTreff-Projekt“, eröffnete Jürgen Blucha, Referatsleiter im Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration, das Treffen. Insbesondere Fragen der Digitalisierung, der Demografie und flexibler Kooperationsformen in ländlichen Räumen würden den Minister wie die gesamte Landesregierung umtreiben: „Der Ministerpräsident hat ein eigenes Digitalisierungskabinett gebildet – daran ist die Bedeutung dieser enormen Herausforderung erkennbar“, unterstrich Blucha.

Der landesweite MarktTreff-Beirat tagte erstmals in einem MarktTreff: in Hohenfelde im Kreis Plön.
Im Treffbereich des MarktTreffs Hohenfelde trafen sich Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden, Institutionen, Unternehmen und dem Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration.
Hohenfeldes Bürgermeisterin Gesa Fink führte durch Laden und Treffbereich des MarktTreffs.
Christina Pfeiffer (Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration) im Gespräch mit den EDEKA-Kaufleuten Ove Lück ( Mitte) und Nils Alpen
Bürgermeisterin Gesa Fink beantwortete zahlreiche Fragen der Beiratsmitglieder.
Auf großes Interesse stieß die architektonische Lösung des MarktTreffs Hohenfelde.

Wie ein MarktTreff in Rekordzeit errichtet werden kann, schilderte Hohenfeldes Bürgermeisterin Gesa Fink als Gastgeberin der Tagung: „Wir haben in rund zwölf Monaten unseren MarktTreff geplant, gebaut und eröffnet. Das ging nur durch die permanente und intensive Einbindung aller Akteure.“ Außer der frühzeitigen Bürgerbeteiligung könne sie nur empfehlen, eine eigenständige MarktTreff-Arbeitsgruppe zu bilden. „In diesem Kreis haben wir parteiübergreifend sämtliche Fragen diskutiert und Entscheidungen vorbereitet - bis hin zu der Innen-Ausstattung.“ Ein weiterer ganz wesentlicher Erfolgsfaktor sei gewesen, frühzeitig einen professionellen Betreiber gewonnen zu haben: „Mit der erfahrenen Kaufmannsfamilie Alpen haben wir einen echten Glücksgriff getan. Setzen Sie auf Profis, die ihr Geschäft verstehen.“ Damit könne man sich zudem viele Probleme ersparen – zum Beispiel in energetischen oder logistischen Fragen.

Angesprochen auf die Rolle des Ehrenamts, riet Fink, verstärkt auf Projekte zu setzen: „Viele Bürger schrecken vor der langfristigen Übernahme von Verantwortung zurück.“ Für überschaubare Aufgaben ließen sie sich hingegen einfacher gewinnen. So schätze man sich in Hohenfelde besonders glücklich: Hier hätte eine engagierte Bürgerin das Management des Treffbereichs sowie der nahezu täglich stattfindenden Veranstaltungen übernommen. „Dieses außergewöhnliche Engagement im Zusammenspiel mit aktiven Vereinen und Verbänden macht unseren MarktTreff so lebendig.“

Vom „Abenteuer der digitalen Handelswelt" berichtete EDEKA-Kaufmann und -Vorstand Ove Lück. „Das ist ein komplett neues Geschäftsfeld.“ Er würde seit drei Jahren kontinuierlich seine Online-Plattform ausbauen. „Das macht bei uns ein Mitarbeiter.“ In seinem Laden in Niebüll habe er 36.000 Produkte im Sortiment: „Und der Kunde will heute die sieben verschiedenen Cola-Produkte im Bild sehen und danach bestellen.“ Die Prozesse zur Lagerung, Kommissionierung und Auslieferung seien erarbeitet und würden zunehmend genutzt: „So haben wir 2016 im Online-basierten Handel unseren Umsatz verdoppelt." Aber der Weg sei doch enorm langwierig und niemand könne sagen, was in zehn Jahren erfolgreich sein werde. „Alle großen Ketten arbeiten mit unterschiedlichen Strategien an diesen Fragen.“ Kleinen Dorfläden riet Lück zur Zusammenarbeit, da ein Einzelner im Online-Sektor kaum bestehen könne. Ebenso sei es wichtig, auf Besonderheiten und ein eigenes Profil zu setzen. „Das zunehmende Interesse der Kunden an lokalen Produkten ist ein echter Hype, den man online nutzen kann.“ Im Frühjahr 2018 will Ove Lück, der drei Halligen mit Lebensmitteln versorgt, den neuen MarktTreff auf Hallig Hooge eröffnen, wo er bereits heute einen Laden mit rund 1.700 Produkten im Angebot betreibt. Die wachsende Nachfrage nach regionalen Produkten bestätigte auch Holger Petersen, Betreiber des MarktTreff KanalTreff Sehestedt am Nord-Ostsee-Kanal mit einem kleinen integrierten Dorfladen.

Als weiterer Vertreter eines großen Lebensmittel-Lieferanten informierte REWE Nord-Verkaufsleiter Mathias Rump den Beirat: „Mit der REWE Digital haben wir eine eigene Sparte im Konzern und befassen uns hier intensiv mit der Zukunft des Online-Handels.“ Verschiedene neue Vermarktungsstrategien würden ausprobiert, aber nicht alles komme in die Fläche. Für kleine Händler in ländlichen Regionen sei das wirtschaftliche Umfeld eine enorme Herausforderung: „Zudem haben wir im Norden Deutschlands die höchste Wettbewerbsdichte, aber geringere Handelsspannen als im Süden.“

In seinen Ausführungen ging Rump ebenso auf die Integration der Supermärkte Nord in die REWE ein. Diese sei derzeit noch von zu vielen Hürden geprägt: „Wir arbeiten fieberhaft daran, dass Logistik und Auslieferung besser werden." Begeistert zeigte sich Rump von seinen Besuchen in verschiedenen MarktTreff-Standorten: „Der Enthusiasmus und die Power, mit der das MarktTreff-Konzept gelebt wird, sind spitze.“ Das Verständnis für Qualität und Preiswürdigkeit müsse aber weiter gesteigert werden. „Dazu braucht es professionelles Handeln und viel Engagement.“

In der Nutzerfrage waren sich beide Experten einig. Zunehmend würden Online-Angebote von älteren Kundinnen und Kunden nachgefragt. „Die heute 70- oder 80-Jährigen haben häufig bereits eine große Nähe zu Online-Möglichkeiten.“ Als eine Konsequenz müsse der lokale Handel noch stärker seine Chancen als Treffpunkt nutzen – „denn der Faktor Mensch bleibt weiter im Mittelpunkt.“

In einem Punkt waren sich alle Diskutanten des diesjährigen Beiratstreffens einig: Grundvoraussetzung aller Überlegungen zur Digitalisierung seien leistungsfähige Anschlüsse an das Internet. Nur so könne das Ziel gleicher Lebensverhältnisse in allen Landesteilen erreicht werden.

EDEKA-Kaufmann Ove Lück (Mitte) und REWE-Vertreibsleiter Matthias Rump (2. v. l.) erläuterten ihre Einschätzungen für den Online-Handel mit Lebensmitteln.
Hans Joachim Am Wege (Schleswig-Holsteinischer Gemeindetag, links) und Holger Petersen (Betreiber MarktTreff KanalTreff Sehestedt) tauschten sich über MarktTreff-Themen aus.
Intensives Gespräch: Jürgen Blucha (Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration), Wencke Ahmling (Landjugend Schleswig-Holstein), Peter Lucht (Bauernverband Schleswig-Holstein) und Ulrike Röhr (LandFrauenVerband Schleswig-Holstein, v. l. n. r.)
Zwei Fachfrauen im Austausch: Christina Pfeiffer (Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration) und Birgit Feddersen (Akadeie für die Ländlichen Räume Schleswig-Holsteins, rechts)
Wirtschaft im Fokus: Stephan Seiffart (IHK Schleswig-Holstein, links) und Kaufmann Ove Lück
Diskutierten Genossenschaftsaspekte: Mathias Fiedler (Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften, links) und Oliver Ohm (BBE Handelsberatung)
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