Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack
zu MarktTreff und ländlicher
Entwicklung: Wir sind gut aufgestellt!
Sommertour-Besuch des MarktTreffs Schleidörfer in Brodersby-Goltoft
K i e l MT 16.07.2020 – Die neue Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack ist seit Ende April 2020 im Amt und damit für die ländliche Entwicklung und das Projekt MarktTreff verantwortlich. Die 62 Jahre alte Juristin blickt auf eine langjährige politische Erfahrung zurück als ehemalige Abgeordnete des Bundestags, als Justizministerin Schleswig-Holsteins und als Bürgermeisterin ihres Heimatortes Lürschau im Kreis Schleswig-Flensburg. In dieser Gemeinde lebt die passionierte Reiterin heute noch und hat somit einen persönlich grundierten Blick auf die Themen und Herausforderungen der ländlichen Räume.
Frau Ministerin Sütterlin-Waack, die aktuelle Corona-Pandemie hat die Vorzüge ländlicher Gemeinden neu ins Licht gerückt. Was macht für Sie das „Leben auf dem Land“ reizvoll und attraktiv?
Ministerin Sütterlin-Waack: Die vergangenen Monate waren für uns alle von besonderen Erfahrungen geprägt. Sei es im beruflichen oder im privaten Umfeld. Menschen in den ländlichen Räumen haben intensiv gespürt, was die Vorzüge ihres Lebensumfelds ausmacht: Zusammenhalt, ein sich umeinander kümmern, das Einkaufen für Nachbarn – um nur einige ganz alltagspraktische Aspekte zu nennen.
Wer im Homeoffice arbeiten durfte – oder musste –, hat vielleicht neue Möglichkeiten und Vorzüge für sich entdeckt. Die digitale Anbindung ist ja in Schleswig-Holstein dank tragfähiger Datennetze weit fortgeschritten. Und wenn sie nach einem anstrengenden Arbeitstag mit einigen Videokonferenzen noch kurz vor die Tür gehen konnten, dann haben sie die hohe Qualität unserer Natur und Landschaft gespürt.
Ich möchte diese Erfahrung nicht missen. Sie hat mir wieder eindrucksvoll vor Augen geführt, was das Leben auf dem Land auszeichnet. Ich lebe gern in meiner Gemeinde Lürschau, hier ist mein Zuhause.
Nun wollen wir die Herausforderungen der ländlichen Räume nicht verhehlen: demografischer Wandel, Leerstand in Ortszentren, neue Arbeitsplätze müssen geschaffen werden. Welche Strategien und Instrumente sind aus Ihrer Sicht hier wirkungsvoll?
Ministerin Sütterlin-Waack: Die Aufgaben, die Sie nennen, gehen wir als Land engagiert an. Dazu gibt es eine Reihe von Fördermaßnahmen speziell für die ländlichen Räume. Unser Ziel ist „die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“, was im Übrigen im Grundgesetz verankert ist. Diesem Ziel widmet sich die Landesregierung gemeinsam mit vielen Akteurinnen und Akteuren aus Politik, Interessenverbänden, Zivilgesellschaft, aus der Wirtschaft.
Dabei ist Schleswig-Holstein mit seinen Strategien und Ansätzen bei der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern auf einem guten Weg. Wenn die Menschen spüren, dass sie ernst genommen werden, dass man ihnen zuhört, dass man ihnen Verantwortung für die Entwicklung ihres Umfelds überträgt – dann erarbeiten sie häufig gute Ideen und setzen diese auch um. Dieser Grundgedanke prägt auch den von der EU geförderten „von unten gesteuerten“ Leader-Ansatz, den wir mit unseren 22 AktivRegionen in Schleswig-Holstein schon seit 2007 erfolgreich umsetzen. Die AktivRegionen haben sich als Ideenschmieden für die Zukunft der ländlichen Räume bewährt. Da wir eine Strategie der Bündelung und neuer Partnerschaften für erfolgversprechend halten, bieten wir auch Fördermöglichkeiten für dörfliche Grundschulen an, die sich zu Häusern des Lebens und Lernens für alle Generationen erweitern wollen.
Zuversicht und Widerstandskraft – so meine Erfahrung – bilden sich im tatkräftigen Miteinander der Menschen vor Ort. Und wenn Sie das Thema leerstehende Läden und Häuser in Ortsmitten ansprechen: Da sind wir als Verbraucherin oder Verbraucher gefordert. Der Kauf regionaler Produkte ist gut für unsere heimische Wirtschaft und das Klima, hält Kaufleute im Dorf und wird immer wichtiger als Baustein unseres schleswig-holsteinischen Lebensgefühls. Deshalb fördern wir als Ministerium speziell Initiativen zur Ortskernentwicklung. Damit machen wir unsere kleinen Kommunen zukunftsfest. Und wir haben die Erfahrung gemacht, dass gerade in den Dörfern, in denen sich ein MarktTreff im und als dörfliches Zentrum etabliert hat, dieser MarktTreff neue Impulse für die dörfliche Entwicklung gibt.
Welche weitere Rolle nimmt für Sie bei der ländlichen Entwicklung das Projekt „MarktTreff“ ein?
Ministerin Sütterlin-Waack: Die rund 40 MarktTreffs im Land sind eine echte Erfolgsgeschichte. Seit der ersten Eröffnung im Jahr 1999 stärken diese multifunktionalen Zentren – zugegeben ein etwas sperriger Begriff – die Lebensqualität für Bürgerinnen und Bürger sowie für unsere Gäste. Wenn der Tourismus jetzt Corona bedingt in unseren schönen kleinen Dörfern weitere Anziehungskraft entwickelt, werden noch mehr Menschen die Vorteile einer nahen Versorgung kennen und schätzen lernen. Dorfladen oder Dorfkrug, gebündelte Dienstleistungen und Treffpunkt unter einem Dach – an diesem Modell orientieren sich mittlerweile andere Bundesländer. Was mich besonders überzeugt: Wenn mal ein MarktTreff in wirtschaftliche Schieflage geraten ist, hat die Gemeinde in der Regel einen Weg zur Fortführung des Betriebs gefunden. MarktTreff-Vereine und -Genossenschaften sind eine gute Ergänzung für die örtlichen Betreiber sowie eine Unterstützung für die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister.
Dass dieses Modell von einer großen Zahl landesweiter Partner begleitet wird, spricht ebenso für das Konzept – und stärkt es!
Wie schätzen Sie – nun aus Ihrer Sicht als Innenministerin – die Potenziale und Risiken der Digitalisierung ein?
Ministerin Sütterlin-Waack: Die Landesregierung hat seit zweieinhalb Jahren ein Digitalisierungskabinett. Das zeigt Ihnen, welche Bedeutung wir dieser Technologie und den damit verbundenen Anwendungen beimessen. Homeoffice, Coworking, Online-Vermarktung regionaler Produkte – ich sehe viele Chancen gerade für die ländlichen Kommunen im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung. Unsere jungen Leute machen uns doch vor, was alles möglich ist.
Wie sieht für Sie künftig „der Laden im Dorf“ aus?
Ministerin Sütterlin-Waack: Eine wertebewusste und digital fitte „Tante Emma“ vielleicht, maßgeschneidert für die jeweilige Gemeinde. Ich setze da auf große Vielfalt – und die gelingende Verknüpfung von analoger und digitaler Welt sowie mutiges Engagement, um die Dörfer für unsere Menschen noch lebenswerter zu machen. Das wollen wir als Ministerium gern unterstützen.
Auf Sommertour durchs Land: Station in Brodersby-Goltoft
Innenministerin Sütterlin-Waack vom
MarktTreff Schleidörfer beeindruckt
B r o d e r s b y - G o l t o f t MT 16.07.2020 – Schleswig-Holsteins Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack zeigte sich jüngst auf ihrer Sommertour beeindruckt vom MarktTreff-Konzept: bei ihrem Besuch des MarktTreffs Schleidörfer in Brodersby-Goltoft (Kreis Schleswig-Flensburg).
Bürgermeister Heinz-Erich Puzich, Thomas Becker (Bürgergenossenschaft Schleidörfer eG) und Marktleiterin Christiane Hildebrandt führten gemeinsam durch den Laden des MarktTreffs und erläuterten die Elemente des multifunktionalen Dorfzentrums. Dies wurde in einer anschließenden Gesprächsrunde, an der auch Norbert Limberg vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume sowie Ingwer Seelhoff (landesweites MarktTreff-Projektmanagement) teilnahmen, weiter vertieft.
Der 2007 eröffnete MarktTreff war für seine Infrastruktur mit knapp 150.000 Euro aus EU-Mitteln gefördert worden. Jetzt soll er mit knapp 65.000 Euro Unterstützung durch das Land energetisch modernisiert werden. Anfang Juni 2020 hatte die Bürgergenossenschaft Schleidörfer den Betrieb des MarktTreffs übernommen.
„Die Gemeinde Brodersby-Goltoft hat etwa 700 Einwohnerinnen und Einwohner. Auch wenn man kein Gemeindemitglied sein muss, um zur Genossenschaft gehören zu dürfen, zeigen 274 Mitgliedschaften, welche Akzeptanz dieser MarktTreff in der Region hat“, sagte die Ministerin für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung. Der MarktTreff sei zugleich Einzelhändler, Dienstleister und Treffpunkt auch über die eigentliche Gemeinde hinaus und damit ein zentraler Baustein der Ortsentwicklung. „Genau das wollen wir mit diesem Modell erreichen“, so Sütterlin-Waack.
Dies werde durch die aktuelle Entscheidung der Gemeindevertretung, mit einem Architektenwettbewerb für ein neues Schleidörfer-Zentrum mit MarktTreff die Weichen für die Zukunft zu stellen, noch unterstrichen. „Damit zeigen Sie beispielhaft, wie sich eine Gemeinde kontinuierlich weiterentwickeln kann und die MarktTreff-Idee innovativ gelebt wird. Mit der Bürgergenossenschaft Schleidörfer verfügen Sie über ein starkes Beteiligungsinstrument, um auch die zukünftige Entwicklung zum Erfolg zu führen", sagte die Ministerin.
Um das Projekt dauerhaft erfolgreich zu betreiben, brauche jeder MarktTreff eine starke Gemeinde, kompetente engagierte Betreiberinnen und Betreiber sowie aktive Bürgerinnen und Bürger, die sich mit ihrem MarktTreff identifizieren und immer wieder neue Ideen entwickeln. Sütterlin-Waack: „Das ist am Standort Brodersby-Goltoft geradezu vorbildlich gelungen.“