Ein besonderes MarktTreff-Jahr:
Corona sorgt für extrem unterschiedliche Ergebnisse und großen Zusammenhalt

K i e l  MT 05.08.2021 – Ausgelöst durch die Corona-Pandemie, spiegeln die MarktTreff-Ergebnisse 2020 ein extrem unterschiedliches Bild. Während der Großteil der MarktTreff-Einzelhändler:innen zum Teil erheblich von der „Neuentdeckung“ der wohnortnahen Versorgung profitiert hat, sahen sich tourismusabhängige Standorte und die Gastronomie durch die Krise gebeutelt.
Zu dieser Zusammenfassung kommt das Beraterteam der ews group und der BBE Handelsberatung, das im Mai und Juni rund 40 MarktTreff-Standorte besuchte. In vielen Einzelgesprächen wurde wiederum mit Betreiber:innen, Bürgermeister:innen und Ehrenamtler:innen die wirtschaftliche Lage und die Zufriedenheit vor Ort ermittelt und diskutiert. 

Neu im MarktTreff Schleidörfer in Brodersby-Goltoft: Backtresen mit pragmatisch gestaltetem Corona-Abstand
Der öffentliche Treffbereich im MarktTreff Rantrum durfte zur MarktTreff-Bereisungszeit aus Pandemiegründen nicht genutzt werden.

„Grundsätzlich hat sich das Konzept – auch im Corona-Jahr 2020 – bewährt. Wer mit MarktTreff vorgesorgt hat, war in der Krise gut versorgt“, bringt Ingwer Seelhoff, Projektmanager der ews group, seine Einschätzung auf den Punkt. Die Einzelhändler:innen hätten ihre Funktion hervorragend erfüllt, die Gastronom:innen seien wie überall im Land von zeitweisen Schließungen betroffen gewesen. „Die ehrenamtliche Unterstützung zum Beispiel für Lieferdienste funktionierte durchweg großartig“, so Seelhoff. Das zeige, die MarktTreffs seien in den Gemeinden gut verankert und der Zusammenhalt der MarktTreff-Familie insgesamt sei in der Krise gestärkt worden.

Der Blick auf die wirtschaftlichen Kennzahlen konzentriert sich zunächst auf das zurückliegende Jahr 2020. Nahezu sämtliche Standorte mit Lebensmitteleinzelhandel (LEH) profitierten von der „Neuentdeckung“ der wohnortnahen Versorgung. Bemerkenswert dabei: Die ersten Monate 2021 setzte sich der Trend zunächst fort. Der LEH verzeichnete bundesweit auf Grund der Corona-Entwicklung wiederum rund 3 bis 5 Prozent Umsatzzuwächse (Januar bis März), bevor ab April die Umsätze leicht sanken. Grundsätzlich gilt dies ebenfalls für MarktTreffs. Eine Reihe von MarktTreff-Standorten verbucht anhaltende, bis zu zweistellige Steigerungen. Ganz anders die Lage der Gastronom*innen: Hier stellten die wenigen Öffnungswochen 2020 einen Ausnahmezustand dar. MarktTreffs mit Gastronomie müssen im ersten Halbjahr 2021 weiter Einbrüche von bis zu 90 Prozent verkraften.

Auf der aktuellen Rundreise zu den schleswig-holsteinischen MarktTreffs: Lagebesprechung im Lager des MarktTreffs Haale

Oliver Ohm (BBE Handelsberatung) liefert konkrete Zahlen dazu: „19 Betreiber:innen steigerten im Jahr 2020 Umsatz oder Ertrag, 14 erzielten ein stabiles Ergebnis. In einer Phase des Auf- oder Umbruchs sind 10 Standorte. In akut kritischer Lage befindet sich aktuell kein Standort.“ Als besonders resilient und ertragreich zeigten sich wiederum Standorte, die in ein funktionierendes Filialsystem eingebunden seien: Preis- und Sortimentsgestaltung (insbesondere Erweiterung bei gleichzeitiger Konzentration der Discount-Produkte), Belieferung sowie Personalplanung und -einsatz werden gewinnbringend gestaltet. „Diese Strategie ist unverändert empfehlenswert für neue Standorte“, kommentiert Ohm.

Lebensmittel-Online-Bestellungen spielen derzeit bei MarktTreffs noch keine Rolle, dies kann durch den ersten Tante-Enso-Laden mit 24/7-Konzept – das Modell soll 2022 in Brekendorf starten – neue Impulse erfahren. Der hauseigene Lieferservice erfuhr im ersten Corona-Jahr eine erhebliche Nachfrage, flaute jedoch 2021 etwas ab. 

„Insgesamt sehen wir eine erfreuliche Entwicklung“, resümiert Christina Pfeiffer aus dem Innenministerium die Ergebnisse. Die Programmverantwortliche zeigt sich zugleich erfreut, dass die vom Ministerium initiierten „Corona-Modernisierungen“ von Betreiber:innen und Bürgermeister:innen positiv aufgenommen wurden. An rund 30 Standorten ist die „Förderung von Maßnahmen zur Modernisierung“ platziert, in der Antrags- oder Umsetzungsphase. Ziel ist es, zum einen nachhaltige sowie ressourcenschonende Ansätze für zukunftsorientierte MarktTreffs zu schaffen, zum anderen den Gebrauchswert sowie Nutzungsmöglichkeiten dauerhaft zu erhöhen, Energie oder Wasserverbrauch einzusparen sowie das Klima zu schützen.

Immer wieder neu: Präsentation von Produkten, die das Angebot im MarktTreff Barkauer Land in Kirchbarkau erweitern

MarktTreff-Lieferanten ziehen Bilanz

Ove Lück ist Kaufmann auf Hallig Hooge, Edeka-Marktbetreiber in Niebüll und Vorstandsmitglied der Edeka Nord eG. Somit blickt er aus verschiedenen Perspektiven auf die besondere Zeit der Pandemie 2020. Auf der Fährfahrt nach Hallig Hooge berichtet Lück von Ereignissen, die er wohl in seinem Kaufmannsleben nicht vergessen wird. „Im Hauptgeschäft in Niebüll sind wir kaum mit dem Packen der Waren hinterhergekommen, vor allem von Nudeln, Reis, Mehl und Zucker“, so der Edekaner. „Lange Schlangen an den Kassen verbinde ich mit sehr langen Arbeitstagen.“ Ohne sein engagiertes und zuverlässiges Team wäre er diesem Ansturm nicht gewachsen gewesen. „Am Ende zeigt sich doch, es findet sich für jede Herausforderung eine Lösung“, fügt Ove Lück an. Wirklich hilfreich sei es, Teil eines überregionalen Netzwerkes, wie der MarktTreff-Familie, zu sein.

„Das Geschäftsjahr 2020 verzeichnet aufgrund von Covid-19 einen erheblich höheren Absatz von Lebensmitteln in den Supermärkten“, berichtet Peter Ruhser, Betriebsberater nahkauf Nord. „Geändert hat sich zumindest zeitweise das Kaufverhalten der Kunden. Die Läden wurden nicht mehr so häufig besucht, dadurch reduzierte sich die Frequenz. Zugleich hat sich der Durchschnittsbon erhöht“, so Ruhser.

Welche Bilanz zieht Michael Möller, Betriebsberater von Bartels-Langness, für das Jahr 2020? „In der Zusammenfassung hat uns das vergangene Jahr gezeigt, dass wir krisenfest, bedarfsorientiert und vorausschauend agieren und handeln“, bestätigt Möller die Herausforderung. „Die MarktTreffs sind immer flexibel und offen für neue Impulse.“

Die meisten Lebensmittelläden in MarktTreffs werden nach wie vor über die EDEKA (11) versorgt - sechs davon sind Filialbetriebe. Die REWE ist mit ihrer nahkauf-Schiene vertreten – sieben Läden sind mit REWE-Produkten bestückt. Fünf Läden werden durch Bartels-Langness beliefert. Besonders kleine MarktTreff-Läden organisieren sich zum Teil selbst oder über Speziallieferanten (z. B. Grell).

Bündelt viele Angebote im Osten der Nordseeinsel Sylt: der MarktTreff Morsum, der ...
... jetzt mit neuen Atriumschirmen das Treffangebot noch attraktiver und im Außenbereich wetterunabhängiger macht.

MarktTreff-Gemeinden entwickeln sich weiter

Ortsentwicklungskonzepte oder amtsweite Planungskonzepte sind vermehrt in Arbeit oder werden angestrebt. In fast allen MarktTreff-Dörfern sind neue Wohngebiete in der Planung. Im Durchschnitt sind dies 15 bis 20 Grundstücke pro Gemeinde. Die Nachfrage nach Bauplätzen in ländlichen Räumen ist deutlich gestiegen – und in der Regel ist Baugrund schnell verkauft. „Durch Corona hat ländliches Leben wieder einen Schub bekommen“, erzählt Bürgermeisterin Waltraud Meier. So verzeichne ihre Gemeinde Neuwittenbek (Kreis Rendsburg-Eckernförde) eine starke Nachfrage.  

Das hat gute Gründe: Schleswig-Holstein ist größtenteils mit Glasfaser versorgt, neue Mobilitätskonzepte wie Dörpsmobil machen unabhängig und Coworking – die gemeinsame Arbeit an einem Platz – wird vielfach erprobt. In Heidgraben (Kreis Pinneberg) ist man schnell konkret geworden: „Wir sind eine wachsende Gemeinde und prüfen schon die Einrichtung eines Coworkingbereichs im MarktTreff“, erläutert Kaufmann Manfred Langer das Vorhaben. 

BBE-Geschäftsführer Joachim Stumpf aus München sieht in dem MarktTreff-Modell weiter ein führendes Leitprojekt der wohnortnahen Versorgung mit multifunktionaler Ausrichtung: „Durch unsere bundesweit sechs Standorte haben wir einen guten Blick auf die Entwicklungen – von den Dorfläden im Süden bis zu den Ansätzen der Neuen Dorfmitte in Mecklenburg-Vorpommern.“ Die rund 40 MarktTreffs erführen eine hohe Anerkennung in der Szene und würden vor allem „von den Kundinnen und Kunden weiter stark frequentiert“. 

Austausch über die Bedeutung regionaler Produkte: Kaufmann Ulf Langholz und Oliver Ohm (MarktTreff-Projektteam, BBE Handelsberatung) im MarktTreff Rantrum

Informationen zu Gründung und Betrieb eines MarktTreffs
Bei Interesse an der Gründung eines neuen MarktTreffs nehmen Sie bitte Kontakt auf mit dem Projektmanagement unter:
gruendung@markttreff-sh.de

Detaillierte Informationen zum Projekt MarktTreff mit vielen Arbeitshilfen und aktuellen Tipps finden Sie unter:
www.markttreff-sh.de

Fotos: ews group

 

nach oben