• Erfahrungsaustausch
    Otto Harders, Bürgermeister von Todenbüttel, begrüßte die Teilnehmenden im MarktTreff.

MarktTreff-Betreiber diskutieren
Zukunft der Nahversorgung

T o d e n b ü t t e l   MT 25.09.2018    Bei hochsommerlichen Temperaturen trafen sich jetzt MarktTreff-Betreiber und Betreiberinnen zu ihrem Erfahrungsaustausch im Herbst: im MarktTreff Todenbüttel, für den die Gemeinde „fünf Jahre hat schwitzen müssen“, wie Bürgermeister Otto Harders in seiner Begrüßung betonte, bis das multifunktionale Dorfzentrum mit Einkaufsladen, Bäckerei und variablen Treffmöglichkeiten im vergangenen Jahr realisiert gewesen sei. „Die Welt der Nahversorgung ist wie der Lebensmittelhandel insgesamt immer schnelleren Veränderungen ausgesetzt“, stellte Matthias Rump, nahkauf-Verkaufsleiter für Norddeutschland, in der gemeinsamen Diskussion heraus.

Der MarktTreff Todenbüttel wurde mitten im Dorf vor gut einem Jahr eröffnet.
Andreas Eckelmann vom MarktTreff Beidenfleth (Kreis Steinburg) erläuterte sein sehr pragmatisches Kassensystem und den effizienten Einsatz von Cashback.
Matthias Rump, Vertriebsleiter für nahkauf in der REWE Markt GmbH, zeigte aktuelle Entwicklungen in der Lebensmittelbranche auf und gab Hinweise zur Ladenentwicklung.
Interessiert verfolgten die Teilnehmenden des Erfahrungsaustauschs die Informationen der verschiedenen Inputgeber.

Die Zukunft der Nahversorgung, ein Neustart mit mehr regionalen Produkten, Logistik aus der Cloud und der Versicherungsschutz für ehrenamtlich Tätige in MarktTreffs waren einige der Themen, denen sich die MarktTreffler auf ihrem Treffen in Todenbüttel widmeten.

Matthias Rump bezog aus Sicht von nahkauf / REWE Stellung zur „Nahversorgung auf kleiner Fläche: Auslaufmodell oder Zukunftschance im Dorf?“ „Für mich steht außer Frage, dass motivierte Marktteams das A und O für die Zukunft dieser Art Nahversorgung sind.“ Beim wachsenden Onlinehandel sei eines nie zu erreichen, was gerade eine Stärke der Dorfläden sei: der soziale Aspekt. 

Dabei stehen für ihn die Belange der Kaufmänner und -frauen immer an erster Stelle. Ein bestimmter Umsatz muss geliefert werden, um nahkauf sein zu können. Über 500 Märkte existieren unter der Marke in ländlichen Bereichen und in Stadtrandlage. 

Als Megatrends, auf die Ladenbetreiber sich einstellen müssten, seien derzeit wahrzunehmen: 1. Shoppingtrips gehen zurück, 2. Qualitätsbewusstsein steigt, 3. Anzahl der Haushalte steigt und 4. Außer-Haus-Konsum nimmt zu. „Deshalb investieren die Discounter zurzeit massiv. Lidl sei hierbei der Schrittmacher, konsequent werde mit Backstationen aufgerüstet, intensiv würden mit hohem finanziellem Aufwand unterschiedliche Werbekanäle genutzt. Deshalb müssten nicht nur nahkauf-Läden nachlegen mit Mehrwertdiensten wie beispielsweise Aufladekarten, Gutscheine, Treueaktionen, Integration regionaler Bäcker oder Fleischer. 

Auch nach dem offiziellen Erfahrungsaustausch wurde von den MarktTreff-Betreibern im Laden von Felix Buttenschön intensiv weiter diskutiert.
Manfred Langer (MarktTreff Heidgraben, links) gab seine Erfahrungen an Bürgermeister Keno Jantzen aus Rickling weiter.
Kaufleute unter sich: Dagmar Thiele Gliesche (MarktTreff Barkauer Land in Kirchbarkau) und Felix Buttenschön (MarktTreff Todenbüttel).
Bürgermeister Bernd Holm (Gemeinde Haale) und Oliver Ohm (BBE Handelsberatung, rechts) vom MarktTreff-Projektteam)
Britta Langer vom MarktTreff Heidgraben und Berit Thomsen (MarktTreff Delve, rechts).

Regionalität als Stärke eines kleinen Ladens – das ist der Weg, den Andreas Eckelmann als neuer Betreiber des MarktTreffs Beidenfleth (Kreis Steinburg) mit Erfolg beschreitet. Der Prokurist eines Unternehmens, das seit 25 Jahren hochwertigen Brokkoli aus Ecuador importiert, setzt in seinem Nebenjob mit dem 100-Quadratmeter-Laden voll auf Vernetzung. „Das ist der entscheidende Faktor, um so den Dorfladen mit besten regionalen Produkten aus dem Umkreis von zehn Kilometern um Beidenfleth zu versorgen“, so der hochengagierte Quereinsteiger. „Wir haben super Beidenflether Rindfleisch, Eier, Gemüse aus Glücksstadt, Käse, Schnaps, Eis, Zwiebelmett – alles aus der Umgebung. Das macht 30 Prozent meines Umsatzes aus!“ Billige Produkte blieben da eher liegen.“

Wohlorganisierte Logistik ist das Schlagwort für Eckelmann, der vier Tage in der Woche in Hamburg arbeitet und nur freitags in Beidenfleth vor Ort ist. „Ich habe viele Leute im Dorf angesprochen. Und jetzt bringen die Menschen unsere Waren auf dem Weg von der Arbeit mit nach Beidenfleth – ehrenamtlich. Das Ergebnis: keine Extrawege – sie fahren eh bei der Käserei oder dem Hofgeschäft vorbei.“ Aktuelle Waren- oder Aktions-Informationen gibt es digital für die Kunden im Dorf (und darüber hinaus) über eine WhatsApp-Broadcast-Liste – direkt auf die Handys. 

Die Zukunft des MarktTreffs hat Andreas Eckelmann in Beidenfleth nicht nur in die Hand, sondern auch selbst ins Smartphone genommen. Mit einem erschwinglichen Warenwirtschaftssystem könne er unabhängig und verlässlich arbeiten. „Das hat am Anfang zwar Arbeit gemacht, alle Artikel einzuarbeiten, aber jetzt läuft es sehr gut.“ Dass Sparkasse und Bank sich aus Beidenfleth zurückgezogen hätten, ist für Andreas Eckelmann kein echter Verlust. Als Verfechter von Cashback – beim Einkauf wird wie am Bankschalter Bargeld ausgezahlt – sieht der den Vorteil, dass Kunden aus diesem Grund in den Laden kommen. Eine Sichtweise, der Matthias Rump von nahkauf nur zustimmen kann.

Otto Christophersen (MarktTreff-Verein Groß Vollstedt, links), Todenbüttels Bürgermeister Otto Harders und Gabi von Meisterbäcker Martin.
Todenbüttels Kaufmann Felix Buttenschön, Maik Schultze (MarktTreff Wester-Ohrstedt), Andreas Eckelmann (MarktTreff Beidenfleth) und Lorenzen (MarktTreff Rantrum, v. l. n. r.)
Andreas Eckelmann (MarktTreff Beidenfleth) und Oliver Ohm (BBE Handelsberatung, rechts)
nahkauf-Experten unter sich: Volker Stiefel (MarktTreff Tetenhusen), Berater Stephan Ruser und Matthias Rump, nahkauf-Vertriebsleiter (v. l. n. r.)

Die Berufsgenossenschaften haben jetzt zur Klärung einer Frage beigetragen, die eine Reihe von MarktTreffs seit längerer Zeit beschäftigt. Wie steht es um den Versicherungsschutz von ehrenamtlich Tätigen, die beispielsweise mal im Laden oder der Gastronomie helfen. „Laut Auskunft der Berufsgenossenschaften“, berichtete Ingwer Seelhoff vom MarktTreff-Projektmanagement, „sind diese Menschen über die entsprechenden Zusammenschlüsse wie Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik oder Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe bei Unfällen abgesichert, Haftpflichtschäden können über eine Betriebshaftpflicht oder eine private Haftpflicht abgesichert werden.“ So sei es für MarktTreffs sehr hilfreich, Menschen zu motivieren, sich aktiv mit einzubringen und mit zu verhindern, dass die Nahversorgung aus dem Dorf verschwinde.

Wie es sich anfühlt, wenn kein Kaufmann im Ort ist, hat Todenbüttel erlebt. „Das fühlt sich sehr leer an“, so Bürgermeister Harders. Nun aber sei mit dem neuen Laden für die Kaufmannsfamilie Buttenschön, der Bäckerei Martin, DHL-Paketshop, Lotto-, Reinigungs- und Getränkeservice und E-Tankstelle ein großartiges Zentrum für das Dorf geschaffen worden. Felix Buttenschön, junger Betreiber des MarktTreffs, zeigte sich sehr glücklich mit dem Umzug in das neue Gebäude. „Ich habe nun über 100 Quadratmeter mehr Verkaufsfläche als vorher und kann meinen Kunden so neue Waren und mehr Qualität bieten.“  

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