MarktTreff-Jahresgespräche:
Gute Ergebnisse und hoher Zulauf in Corona-Zeiten

K i e l  MT 02.07.2020 – „Ich bin sehr angetan von der Standhaftigkeit und dem Engagement der Betreiber und Gemeinden. Gerade in Corona-Zeiten haben viele Bürgerinnen und Bürger erkannt, wie wichtig und gut eine Versorgung im Ort ist.“ Dies sagt Jan-Nils Klindt, Koordinator beim Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR), der bei der diesjährigen MarktTreff-Bereisung verschiedene Standorte besuchte und das schleswig-holsteinische MarktTreff-Projekt seit 1999 begleitet – somit von der ersten Stunde an.

Das Beraterteam der ews group und der BBE Handelsberatung informierte sich im Juni 2020 in den rund 40 MarktTreff-Standorten über betriebliche Ergebnisse und gemeindliche Erfahrungen. Dabei fand die Rundreise unter „Corona-Bedingungen“ statt: kein Händeschütteln, Mund-Nase-Bedeckung, Abstand einhalten. In vielen Einzelgesprächen wurden mit Betreiber/innen, Bürgermeister/innen und Ehrenamtler/innen die wirtschaftliche Lage und die Zufriedenheit vor Ort ermittelt und diskutiert. 

Jahresgespräch in Wester-Ohrstedt: Kaufmann Sven Schmidt, Marktleiter Marcel Holst und Oliver Ohm (BBE Handelsberatung, v. r. n. l.)

Zufriedene Gesichter gab es zum Beispiel in Wester-Ohrstedt (Kreis Nordfriesland). Der Neuanfang mit Kaufmann Sven Schmidt und seinem Team hat rundum funktioniert: „Wir richten unsere Angebote konsequent auf den Standort und die Bedürfnisse unserer Kundschaft aus“, erläutert Schmidt. Der erfahrene Kaufmann betreibt seit 2019 in Wester-Ohrstedt einen nahkauf-Markt mit vielfältigen ergänzenden Dienstleistungsangeboten. Zugute kommt dem Konzept, dass Familie Schmidt in Treia einen weiteren nahkauf-Markt bewirtschaftet und so gut von Ergänzungen und dem Austausch profitiert: „Das gilt zum einen beim Personal, mögliche Engpässe können wir so intern auffangen. Und durch die enge Verzahnung können wir bei kurzfristigen Kundenbestellungen sehr schnell reagieren“, ergänzen der Kaufmann und sein Marktleiter Marcel Holst. „Wir sind mit den Zahlen zufrieden – auch in den ersten Monaten 2020.“

MarktTreff-Betreiber Ulf Langholz in Rantrum

Ebenfalls neu übernommen wurde der MarktTreff in Rantrum (Kreis Nordfriesland) von Familie Langholz, die noch einen REWE nahkauf in Mildstedt betreiben. Die Gemeinde zeigt sich sehr zufrieden mit dem neuen Team um Ulf Langholz, der den Laden teilweise neu strukturiert hat. „Weitere Mitarbeiter sind hinzugekommen – nicht zuletzt wegen der guten Nachfrage in unserem Backwarenbereich“, sagt Langholz. In Zukunft soll noch einiges gemeinsam mit der Gemeinde umgestaltet werden – „aber alles“, so der Kaufmann, „Schritt für Schritt“.

Vor dem MarktTreff in St. Margarethen (v. l. n. r.): Bürgermeister Volker Bolten, der Laden-Übernehmende Roman Schmedtje mit Martina Gravert sowie die derzeitige Kauffrau Karin Mehlert

St. Margarethen im Kreis Steinburg bereitet sich bereits auf die „geordnete Übergabe“ des Ladenbetriebs vor. Karin und Eckhard Mehlert werden Ende September zum letzten Mal den Schlüssel im MarktTreff umdrehen. „Dann ist nach vielen Jahren für uns Schluss mit Einzelhandel“, sagt die resolute Kauffrau. Aber es geht in St. Margarethen nahtlos weiter: Anfang Oktober ist dann Neueröffnung; Roman Schmedtje, unterstützt durch Martina Gravert, übernimmt den Betrieb. „Wir als Gemeinde sind mit dieser Entwicklung sehr zufrieden“, sagt Bürgermeister Volker Bolten. „Viele Jahre haben wir sehr gut mit den Mehlerts zusammengearbeitet und sind ihnen dafür dankbar.“ Gerade in den vergangenen Jahren sei es gelungen, gemeinsam den Laden mit einem Bäckerei-Café aufzuwerten: „Für uns ist das ein Gewinn. Die Kunden aus der Gemeinde und zum Beispiel Fahrrad-Touristen nehmen den MarktTreff gut an.“ Die neuen Betreiber haben schon angekündigt, dass sie nach einer kurzen Umgestaltung weitere Akzente setzen werden – so sollen „die sozialen Medien“ verstärkt zur Kundeninformation genutzt werden.

Frank Spingel ist überzeugter EDEKA-Kaufmann in Haselund (Kreis Nordfriesland) und geht mit der Zeit: „Bei uns nimmt das bargeldlose Bezahlen bereits zu. Ob traditionell mit Karte oder neuerdings einfach mit dem Mobiltelefon.“ Gerade unter den Corona-Einschränkungen seien diese Angebote bei den Kunden gut angekommen: „Jetzt werden wir beobachten, wie sich dieser Trend im Alltag entwickelt.“ Die Familie Spingel führt den Betrieb in Haselund bereits seit über 125 Jahren und ist im Amt Viöl als „gute Adresse“ anerkannt und beliebt. Kopfzerbrechen bereitet dem erfahrenen Kaufmann die Einführung eines neuen Warenwirtschaftssystems. Die Erleichterungen und Vereinfachungen für den täglichen Betrieb seien zwar überzeugend, aber die Entscheidung falle ihm nicht leicht.

Kaufmann Frank Spingel vor dem MarktTreff Haselund
Bürgergenossenschafts-Vorstand Hans-Peter Ebeling und Kaufmann Manfred Langer vor dem MarktTreff Heidgraben

Genossenschaften nehmen im MarktTreff-System immer häufiger eine wichtige Rolle ein und bringen das Modell voran – dies ist eines der Ergebnisse aus der Bereisung. In Heidgraben (Kreis Pinneberg) erläutert Hans-Peter Ebeling, Vorstand der Bürgergenossenschaft Heidgraben, wie wichtig MarktTreff für die gemeindliche Entwicklung ist: „Rund um den MarktTreff hat die Gemeinde ein Baugebiet entwickelt. Die Menschen leben gern hier und sind zufrieden, weil alles da ist. Als Genossenschaft haben wir uns gern an der Finanzierung der Ladenausstattung beteiligt.“ Ebeling nimmt schon die nächsten Investitionen ins Visier. „Eine Küche würde unseren nahkauf-Markt gut ergänzen“, stimmt Bürgermeister Ernst-Heinrich Jürgensen zu. Sowohl für Veranstaltungen als auch für den Mittagstisch. Für Betreiber Manfred Langer würde damit ein „Herzenswunsch“ in Erfüllung gehen.

Jahresgespräch in Wiemersdorf: Gastronomin Iwona Sydow und Oliver Ohm (BBE Handelsberatung)

Für die gastronomischen Betriebe unter dem MarktTreff-Zeichen ist das Jahr 2020 unzweifelhaft „überschattet“ durch den Lockdown im März. „Wir hatten das Reservierungsbuch gut gefüllt“, sagt Iwona Sydow, die gemeinsam mit Jan Hütter den Betrieb in Wiemersdorf (Kreis Segeberg) übernommen hat. Regionale Küche steht im neuen „Hütter’s“ auf der Karte – mit vielen Produkten aus der nahen Umgebung. Sydow und Hütter sind ausgebildete Gastronomie-Profis und freuen sich nun auf die Zukunft: mit heimischen Gästen, Vereinen, Familienfeiern und Ausflugsbesuchern. Zum MarktTreff gehören ebenfalls das Bistro „Coffee & Snacks“ von Gabi Paul und Multifunktionsräume für gemeindliche Veranstaltungen.

Neustart im MarktTreff „Inne Merrn“ Hennstedt mit Gastronom Marco Frech

In Hennstedt (Kreis Dithmarschen) war Marco Frech schon in der Startposition, als die Kontaktbeschränkungen verkündet wurden. Auch für ihn und seinen „Bürger Frech“ im MarktTreff „Inne Merrn“ hieß es: abwarten. Am 16. Juni erfolgte dann die lang ersehnte Wieder-Eröffnung – mit sehr großem Zuspruch. Künftig soll die Aufenthaltsqualität rund um den bereits heute schmucken Ortsmittelpunkt „Inne Merrn“ aufgewertet werden: „Wir wollen noch eine schönere Platzsituation vor dem MarktTreff schaffen“, ergänzt Bürgermeisterin Anne Riecke.

„Sehr erfreuliche Entwicklungen zeichnen sich an MarktTreff-Standorten der ersten Stunde ab“, resümiert Projektmanager Ingwer Seelhoff (ews group) für das landesweite Beraterteam. In Steinfeld und in Munkbrarup (beide Kreis Schleswig-Flensburg) sowie in Hasenkrug (Kreis Segeberg) würden neue Betreiberkonstellationen und Angebote vorbereitet. „Manchmal braucht es ein wenig Geduld, bis einfach die richtigen Menschen und Ideen zusammenkommen. Und dann ergeben sich wieder neue Perspektiven.“ Ebenso würden interkommunales Denken, gemeinsame Planungen und die Zusammenarbeit spürbar zunehmen. 

Die wirtschaftliche Entwicklung für den Berichtszeitraum des Jahres 2019 spiegelt sich in Zahlen so wider: 20 Standorte zeichneten sich 2019 durch ein stabiles Ergebnis aus, sieben Betreiber erzielten sogar eine Steigerung bei Umsatz und Ertrag. In kritischer Lage sind zwei Standorte. Elf Standorte sind in der Phase des Umbruchs, da sie derzeit ihren Betrieb neu ausrichten.  

Aus Sicht des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetags (SHGT) hat sich die Bedeutung der wohnortnahen Versorgung mit MarktTreffs in „der größten wirtschaftlichen Krise seit dem 2. Weltkrieg“ eindrucksvoll bestätigt: „Die ländlichen Gemeinden mit MarktTreffs haben einen klaren Standortvorteil und erfahren in Corona-Zeiten völlig zu Recht besondere Wertschätzung. Einkaufen im Zentrum, vielfältige Dienstleistungen, Treffpunkt und nachbarschaftlicher Zusammenhalt“, bringt Hans-Joachim Am Wege, Referent beim SHGT, die Argumente auf den Punkt. „Wir begleiten das Projekt bereits seit 1999. Wieder zeigt sich, wie gut das Drei-Säulen-Modell zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger funktioniert.“

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