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Unternehmensnachfolge, Betriebsübergabe, genossenschaftliche Trägerschaft: MarktTreff-Erfahrungsaustausch blickt in die Zukunft


+++ Schleswig-Holsteins älteste Quelle vorgestellt +++ ASG-Online-Seminare für Dorfläden +++

MarktTreff-Erfahrungsaustausch im „Uns Dörpshus“ in Borgstedt
MarktTreff-Erfahrungsaustausch im „Uns Dörpshus“ in Borgstedt

K i e l  MT 15.05.2025 – Im Mittelpunkt des jüngsten Erfahrungsaustauschs für MarktTreff-Betreiber:innen und -Gemeinden standen Fragen zu Betriebsübergaben, Generationswechseln und Tipps zur Ansprache neuer Betreiber:innen. Eröffnet wurde der Nachmittag in Borgstedt (Kreis Rendsburg-Eckernförde) von Bürgermeister Wilfried Roggenbuck und Ehrenbürgermeister Gero Neidlinger. Die Zwei vermittelten im schmucken „Uns Dörpshus“ eine Gemeinde mit hervorragender Lebensqualität, großem ehrenamtlichen Engagement und regem Vereinsleben.

Seit 2012 gehört Borgstedt über eine Markenübertragung zur MarktTreff-Familie – mit dem Betriebskonzept gibt es vor Ort allerdings einige „leidvolle Erfahrungen“ wie Neidlinger ausführte: „Bei unserem Schwerpunkt Bäckerei und Café ist es aktuell nicht einfach geeignete Betreiber zu finden.“ Die Branche konzentriere sich immer öfter auf wenige Kernfilialen, kleine Standorte hätten es schwer – wie beispielsweise Borgstedt in Stadtrandlage oder weiter entfernt im ländlichen Raum. Zudem hätte sich vor Ort eine familiäre Übernahme des Betriebs kurzfristig zerschlagen. Aber Neidlinger zeigte sich optimistisch, hier dennoch eine Lösung für die Wiederbelebung zu finden. Als Rat an die Gruppe gab er die regelmäßige Sondierung und Ansprache von Interessierten weiter.

Neidlinger, zugleich Ehrenamtsvorsteher, wies auf die Wichtigkeit einer guten Versorgung hin: „Wir wollen unseren Bürgern ja in unmittelbarer Nachbarschaft zum Beispiel frische Brötchen bieten. Mehr noch: Eine solche Einkaufsmöglichkeit im Dorf ist ja immer auch zum Zusammenkommen, zum Austauschen, gegen Anonymität.“ Und Neidlinger bedankte sich für die langjährige Unterstützung beim Landesamt und dem MarktTreff-Projektteam: „Sie sind für uns als Gemeinde immer ansprechbar und helfen kompetent und schnell. Das ist eine großartige Zusammenarbeit – gerade in schwierigen Zeiten.“

Bürgermeister Wilfried Roggenbuck präsentiert sein „Mehr-Generationen-Dorf“ Borgstedt
Bürgermeister Wilfried Roggenbuck präsentiert sein „Mehr-Generationen-Dorf“ Borgstedt
Borgstedts „Urgestein“ Gero Neidlinger unterzeichnete bereits 2012 die MarktTreff-Markenübertragung
Borgstedts „Urgestein“ Gero Neidlinger unterzeichnete bereits 2012 die MarktTreff-Markenübertragung

Helmut Schriever, Bürgermeister des Storchendorfs Bergenhusen (Kreis Schleswig-Flensburg), berichtete von seiner Aktion „Kauf im Dorf“. Der Kaufmann drohte abzuwandern und daraufhin sammelten die Bürger:innen spontan 7.000 Euro für die Fortführung des Ladens und, mit Eigenleistung des Betreibers, für die Einrichtung einer Treffmöglichkeit im Laden. So konnte die Nahversorgung erhalten werden – 2022 folgte schließlich der Eintritt in den landesweiten MarktTreff-Verbund. 
Heute, drei Jahre später, sagt Bergenhusens MarktTreff-Betreiber Jens Sell zum Ausblick: „Wir haben einen stabilen Mitarbeiterstamm und mit diesem steht und fällt auch die Zukunft des MarktTreffs. Es ist eine Mischung aus Bürger, Gemeindevertreter, Mitarbeiter, die über die Zukunft unserer MarktTreffs entscheiden werden!“

MarktTreff gehört in die Ortsmitte des Storchendorfs, meint Helmut Schriever, Bürgermeister in Bergenhusen
MarktTreff gehört in die Ortsmitte des Storchendorfs, meint Helmut Schriever, Bürgermeister in Bergenhusen
Versierter Berater der Gemeinden: Norbert Limberg vom Landesamt für Landwirtschaft und nachhaltige Landentwicklung (LLnL) in Flensburg
Versierter Berater der Gemeinden: Norbert Limberg vom Landesamt für Landwirtschaft und nachhaltige Landentwicklung (LLnL) in Flensburg
Sönke Wollesen, Bürgermeister in Großsolt, setzt mit Optimismus auf eine Betriebsübergabe vor Ort
Sönke Wollesen, Bürgermeister in Großsolt, setzt mit Optimismus auf eine Betriebsübergabe vor Ort

Rund fünfzig Kilometer weiter nördlich arbeite genau diese „Mischung“ aktiv an der Zukunft des örtlichen Nahversorgers, berichtete Sönke Wollesen zum aktuellen Stand. Der Bürgermeister der MarktTreff-Gemeinde Großsolt (ebenfalls Kreis Schleswig-Flensburg) und seine Mitstreiter:innen sind mitten in der Betriebsübergabe.
Seine Erfahrungen und Tipps: „Werden Sie sich klar über das künftige Konzept. Welche MarktTreff-Angebote wollen wir in Zukunft haben? Binden Sie den potenziellen Nachfolger oder die Nachfolgerin ein. Wenn Sie im Rahmen der Betriebsübergabe eine mögliche Immobilieninstandhaltung oder einen größeren Umbau mitdenken, empfiehlt es sich frühzeitig ein Architekturbüro einzubinden. Was ist baulich umsetzbar und mit welchem finanziellen Aufwand müssen wir rechnen? Und nehmen Sie Ihre Gemeindepolitik mit. Wir haben einen Unterausschuss gebildet, bei dem alle Fraktionen an Bord sind.“

Erfolgreiche Betriebsübernahme in Witzwort: Kaufmann und „Neu-MarktTreffler“ Martin Müller
Erfolgreiche Betriebsübernahme in Witzwort: Kaufmann und „Neu-MarktTreffler“ Martin Müller

Martin Müller, ein dynamischer „Edekaner“ aus Husum, hat zum Jahreswechsel 2024/25 den MarktTreff in Witzwort (Kreis Nordfriesland) als Filialbetrieb übernommen – und war jetzt erstmals bei einer „Erfa“-Gruppe dabei. Mit großem Engagement und frischen Ideen ist er seine Betriebsübernahme angegangen und hat dabei das bestehende Personalteam gesichert: „Die Mitarbeiterinnen kennen die Kundschaft, ihre Bedürfnisse und sind vertraute Gesichter“. Künftig will Müller auf einen hybriden Betrieb setzen mit festen Personalzeiten und „ab Nachmittag dann mit zwei Selbst-Checkout-Terminals“. Im Gegensatz zu einem Ladenneubau „auf der grünen Wiese“ sei der Umbau in einem historischen Ladengebäude wie in Witzwort „teilweise kompliziert und durchaus technisch anspruchsvoll“; und sicher müsse man Kund:innen dann erst einmal begleiten, mit der neuen digitalen Technik vertraut machen. Aber Müller ist überzeugt, dass die Umstellung klappt: „Das Interesse in der Gemeinde ist sehr, sehr groß. Sie steht hinter dem Projekt.“

+++ Genossenschaftliche Trägerschaft als Alternative +++

Als echte Alternative zur selbstständigen Trägerschaft durch einen einzelnen Kaufmann beziehungsweise Kauffrau ordnete Joachim Burgemeister vom Genoverband (vormals Genossenschaftsverband – Verband der Regionen) ein: „Die genossenschaftliche Grundidee ist ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘. Und das passt auch unverändert gut für Unternehmensnachfolgen.“
Auf die Frage „Wie retten wir unsere Nahversorgung?“ könne die Gründung einer Genossenschaft die Antwort sein, so Burgemeister: „Viele zum Mitmachen gewinnen, die Verantwortung auf viele Schultern verteilen und als Genossenschaftsmitglied bin ich ja immer auch selbst Mitinhaber ‚meines‘ Dorfladens“. Gerade diese Identifikation sei ein „großes Pfund“ für den langfristig-tragfähigen Betriebserfolg. „Genauso legitim ist es“, zu einem späteren Zeitpunkt wieder an einen wirtschaftlich-selbstständigen (Allein-)Betreiber zu übergeben und die Genossenschaft aufzulösen. „Die ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ wurde erreicht, das rundet die Genossenschaftsidee ab“, schlussfolgerte Burgemeister.

+++ Schleswig-Holsteins älteste Quelle vorgestellt +++

Den „Erfa“-Nachmittag in Borgstedt wiederum rundete ein Blick auf die älteste Quelle des Landes ab. Sie liegt – wie die Gastgebergemeinde – in den Hüttener Bergen, genauer in Groß Wittensee. Im Jahr 1896 gegründet, führt die Familie Blunck das regional verwurzelte Unternehmen, die „Wittenseer Quelle“ in vierter Generation. Sven Gölling und Karsten Klüver stellten die Historie und vielfältige Aspekte rund um das Thema Wasser vor: „Das Mineralwasser der Quelle stammt aus einer Tiefe von rund 80 Metern und wurde von der Zeitschrift Öko-Test im Jahr 2020 mit sehr gut ausgezeichnet.“ Und passend zum Veranstaltungsort und den Themen der „Erfa“: „Wir setzen auf Regionalität, Nachhaltigkeit und zum Beispiel als Mitglied der Genossenschaft Deutscher Brunnen eG haben wir selbst Unternehmenserfahrung mit dem Genossenschaftsmodell.“
Aus ökologischen Gründen setzt man – bei den rund 40 Mio. Füllungen im Jahr – hauptsächlich auf Glasflaschen und auf Kreislaufsysteme. Als wichtigen Baustein „unserer Bemühungen für die Umwelt“ wurde am Betriebsstandort eine hochwertige Streuobstwiese mit vielen Apfel-, Birn- und Kirschbäumen vornehmlich alter Sorten angelegt – auch als Biotop für heimische Tier- und Pflanzenarten.

Aufmerksame Gäste und Mitdiskutierende bei der „Erfa“ in Borgstedt
Aufmerksame Gäste und Mitdiskutierende bei der „Erfa“ in Borgstedt
Genossenschaften verteilen die Trägerschaft „auf viele Schultern“: Joachim Burgemeister vom Genoverband
Genossenschaften verteilen die Trägerschaft „auf viele Schultern“: Joachim Burgemeister vom Genoverband
Berichtete über die erfolgreiche Genossenschaftsarbeit in Brekendorf / Hüttener Berge: Bürgermeister Reiner Mertens (2. von links)
Berichtete über die erfolgreiche Genossenschaftsarbeit in Brekendorf / Hüttener Berge: Bürgermeister Reiner Mertens (Mitte); Brekendorfs Lutz Hippe (links - siehe Hinweis auf Online-Seminarreihe) sowie Steinfelds Bürgermeisterin Wibke Uck
Sven Gölling (rechts) und Karsten Klüver: regional verankert in den Hüttener Bergen
Sven Gölling (rechts) und Karsten Klüver: regional verankert in den Hüttener Bergen

 

Aktuelle bundesweite Online-Seminarreihe zum ,,Zukunftsmodell Dorfladen''

  • Mittwoch, 4. Juni 2025
    Social Media - Neue Zielgruppen erreichen und Sichtbarkeit erhöhen
  • Mittwoch, 18. Juni 2025
    Social Media für Herz und Hof: Wie der Dorfladen online glänzt
  • Mittwoch, 2. Juli 2025
    Inklusion geht jede:n an - erste Schritte für Dorfladen & Co.
    mit Ina Alter, Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz Schleswig-Holstein, und Lutz Hippe, Bürgergenossenschaft Brekendorf / Hüttener Berge eG und MarktTreff Berkendorf

Melden Sie sich an und besuchen Sie die Online-Seminare der Agrarsozialen Gesellschaft (ASG):
jeweils 18.00 bis 19.30 Uhr!

Details, Teilnahmekosten und Anmeldemöglichkeiten zur Online-Seminarreihe und zu den einzelnen Veranstaltungen entnehmen Sie bitte der Homepage der Agrarsozialen Gesellschaft unter ,,Veranstaltungen / ASG-Seminare'' (externer Homepage-Link)

 

Informationen zu Gründung und Betrieb eines MarktTreffs
Bei Interesse an der Gründung eines neuen MarktTreffs nehmen Sie bitte Kontakt auf mit dem Projektmanagement unter:
gruendung@markttreff-sh.de (E-Mail-Link)

Detaillierte Informationen zum Projekt MarktTreff mit vielen Arbeitshilfen und aktuellen Tipps finden Sie unter:
www.markttreff-sh.de (Homepage-Link)

Das Projekt MarktTreff wird gefördert durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER), mit Mitteln des Bundes und des Landes Schleswig-Holstein im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK).

Fotos: MarktTreff SH / ews group

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