• KIrsten Voß-Rahe und Christian Rahe, Betreiber Hof Viehbrook

Neuerungen auf Hof Viehbrook erfolgreich gestartet: Coworking Space und Bauernhof-Kindergarten

K i e l MT 04.11.2019 - Das ländliche Kultur-, Bildungs- und Erlebniszentrum Hof Viehbrook in Rendswühren (Kreis Plön) geht neue Wege zur Verbesserung der Attraktivität in ländlichen Gemeinden. Im Juli 2019 eröffnete das Betreiberpaar Kirsten Voß-Rahe und Christian Rahe den ersten „Coworking Space“ an einem MarktTreff-Standort. Die Digitalisierung ermöglicht neue Formen der Arbeit und vor allem des „zusammen Arbeitens“. Und seit August des Jahres gibt es auf Hof Viehbrook eine Naturkindergarten-Gruppe. Beide Angebote ergänzen ideal das bestehende Spektrum des Landeskulturdenkmals und steigern die Lebensqualität in der Region - wie die Betreiber im Gespräch erläutern.

Frau Voß-Rahe, Stichwort „Coworking Space“. Bekannt ist diese Form des gemeinschaftlichen Arbeitens ja hauptsächlich aus großen Städten. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, in Rendswühren so ein Projekt zu eröffnen?

Kirsten Voß-Rahe: Die Idee dazu haben wir tatsächlich im Januar 2018 von der „Grünen Woche“ aus Berlin mitgebracht. Wir sind an einem Informationsstand des Bundes in der Halle „Lust auf’s Land“ darauf aufmerksam geworden. Nach näherer Beschäftigung mit dem Thema haben wir entschieden, dass es gut zu unserem vielfältigen Betrieb passt.
Hinzu kommen die sich rasant verändernden Arbeits- und Lebensbedingungen im Zuge der Digitalisierung. Bei uns treffen sich regelmäßig Vertriebsmitarbeiter großer Unternehmen. Im Austausch haben wir mitbekommen, wie grundlegend sich Zusammenarbeit schon verändert hat. Du kannst heute mit vielen Beteiligten unabhängig vom Standort an gemeinsamen Projekten arbeiten. Es müssen natürlich die technischen Voraussetzungen gegeben sein. In erster Linie ist damit eine Breitbandanbindung gemeint. Wir haben die Anbindung der letzten Meile einfach in die eigenen Hände genommen und das notwendige Kabel in die Erde gelegt. Somit ist eine hohe Übertragungsrate für digitale Daten bei uns sichergestellt.
 Und es gibt einen weiteren Aspekt, gerade im ländlichen Raum. Die Menschen wollen auch physisch „zusammen arbeiten“, weil es einfach mehr Freude macht. Sich ein Büro zu teilen, Erfahrungen auszutauschen, vielleicht sogar neue Netzwerke zu bilden, das liegt im Trend. Und zwar nicht nur in „hippen Metropolen“, sondern ebenfalls auf dem Land.

 Was bietet der „Coworking Space“ auf Hof Viehbrook? 

Christian Rahe: Es ist ganz einfach: Wir stellen die Arbeitsplätze und die Infrastruktur in Form von technischem Netzwerk, Drucker, Scanner, Fax, Telefon, Beamer sowie Besprechungsräume. Unser „Space“ liegt im ersten Stock des Haupthauses, hat 70 qm Fläche und wird durch zwei Einzelbüros ergänzt. Die Nutzer mieten sich zeitlich befristet ein und bilden so eine Büro-Gemeinschaft. Oder sie mieten sich ein Einzelbüro, je nach Anforderung des Jobs. Für alle gibt es noch eine Teeküche – und wer mag, kann bei uns natürlich auch essen oder im MarktTreff einkaufen.
 Wir können anderen MarktTreffs nur empfehlen, sich mit dem Angebot eines Coworking Space zu befassen. Es passt ideal zum Konzept und wir sind davon begeistert.

Und was ist der „Coworking Garden“, der bei Ihnen angeboten wird? 

Kirsten Voß-Rahe: So etwas gibt es nur in Rendswühren. In den Sommermonaten von Mai bis September können Sie in unserem schönen Bauerngarten arbeiten. Komplett ausgestattet mit Gartenbestuhlung, Stromanschluss, digitaler Infrastruktur. Sollte einmal überraschend schlechtes Wetter aufziehen, arbeiten Sie einfach in unserem historischen Backhaus weiter. Alles, was Sie dafür benötigen, ist ein ‚Ticket’. Das Tagesticket für den Coworking Space beginnt bei 20.- Euro, das Tagesticket für den Coworking Garden beginnt bei 8.- Euro. Weitere Leistungen werden dann modular dazu gebucht.
Unsere Kunden sind Freiberufler, Unternehmen und Privatpersonen, die gern mit anderen gemeinsam tätig sein wollen. Das Coworking ist übrigens eine prima Errungenschaft für Eltern, die ihre Kinder bei uns im Bauernhof-Kindergarten unterbringen. Während die Kinder bei uns Landluft schnuppern, nutzen die Eltern ihre ‚kinderfreie Zeit’ produktiv.

Willkommen im Coworking Space

Seit August 2019 ist der Bauernhof-Kindergarten geöffnet. Was ist das besondere Konzept dieser Naturkindergarten-Gruppe?  

Christian Rahe: Zunächst einmal: Die Lebenssituation vieler Kinder spielt sich zunehmend in „künstlichen Räumen“ ab. Fernsehen und Smartphones sind heute weit verbreitet; Kinder lernen die Natur, ihre Umwelt und Tiere kaum noch durch eigenes Erleben kennen. Deshalb glauben so viele, dass unsere Lebensmittel aus dem Supermarkt kommen. Unsere eigenen Kinder werden natürlich aus unserer Sicht in einer idealen Umgebung groß. Hier haben wir eingehakt. Wir wollen, dass möglichst viele Kinder mit Händen und Füßen Natur begreifen und einen stabilen Standpunkt entwickeln können. Gerade in den ersten, prägenden Lebensjahren ist das wichtig. Das macht Kinder stark und befähigt sie, sich selbst etwas zuzutrauen.  

Wie sieht der Naturkindergarten ganz praktisch aus?  

Christian Rahe: Wir haben einen Ort geschaffen, der auf die elementaren Bedürfnisse der Kinder von drei Jahren bis zum Schuleintritt zugeschnitten ist. Hier können sie in und mit der Natur spielen und haben vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Unser ‚Gruppenraum’ ist ein komplett ausgestatteter Wichtelwagen, also eine eigene ‚kleine Welt’. Betreut werden die bis zu 18 Kinder von drei Erzieherinnen. Zu den 30 qm geschütztem Raum kommen dann unsere rund 1.000 qm Fläche auf dem Hof. Träger ist übrigens die KITAnatura eG, also eine gemeinnützige Genossenschaft, die bundesweit Natur-, Wald- und Bauernhof-Kindergärten betreibt.  

Wie sieht denn so ein typischer Tag der „Hofwichtel“ aus? 

Kirsten Voß-Rahe: Die Kinder werden zwischen 8.00 und 9.00 Uhr gebracht und es startet mit einem Morgenkreis. Das heißt erstmal: auf Viehbrook ankommen und sich austauschen. Danach geht’s raus an die „Arbeit“. Die Tiere werden versorgt und das Frühstück wird vorbereitet. Denn um 10.00 Uhr frühstücken alle gemeinsam. Von 10.30 bis 12.30 Uhr wird gespielt, es gibt vielfältige Kleingruppenarbeit oder die Kinder machen den gesamten Hof „unsicher“. Sie helfen bei der Versorgung der Tiere, werken, gärtnern, backen gemeinsam, kochen etwas ein oder gehen in das angrenzende Waldstück. Um 12.30 Uhr steht dann ein gemeinsames Mittagessen auf den Tischen. Danach geht’s noch eine Stunde raus in die Natur oder es werden pädagogische Projekte durchgeführt, bis die Kinder dann um 14.00 Uhr abgeholt werden.  

Hatten Sie schon besondere Erlebnisse mit den „Hofwichteln“? 

Kirsten Voß-Rahe: Ich bin einfach insgesamt immer sehr gerührt davon, was die Kinder jeden Tag auf dem Hof an unterschiedlichen Dingen erleben und mit welcher Freude sie dabei sind.  

Und welche weiteren Neuerungen planen Sie auf Hof Viehbrook?

Christian Rahe: Unsere gesellschaftspolitische Gesprächsreihe „Land. Leben. Zukunft.“ mit herausragenden Referentinnen und Referenten zur ländlichen Entwicklung werden wir auf alle Fälle fortsetzen. Ein positives Image ländlicher Regionen liegt uns sehr am Herzen. Hinzu kommt: Meine Frau und ich sind seit 2017 in der Kommunalpolitik aktiv. Dabei befassen wir uns mit vielen verschiedenen Themen der Ländlichen Entwicklung. 

Ansonsten arbeiten wir erstmal unsere aktuellen Neuerungen ab - dann fällt uns bestimmt wieder etwas Neues ein.

Hof Viehbrook: Kinder wachsen in der Natur auf
Naturkindergarten: stark nachgefragt in der Region

Weiterführende Informationen:
Im Februar 2019 wurde in Schleswig-Holstein die CoWorkLand Genossenschaft gegründet. Ziel ist es, Mitglieder bei der Gründung und dem Betreib von Coworking-Projekten zu unterstützen und die Idee im Land zu verbreiten. Die Gründungskosten werden vom Land Schleswig-Holstein gefördert.
 Kirsten Voß-Rahe ist Aufsichtsratsvorsitzende der Genossenschaft.

http://www.boell-sh-digital.de/coworkland/coworkland-genossenschaft/

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