MarktTreff-Jahresgespräche: Neue Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bringen weiteren Schwung in das Modellprojekt

In Christiansholm wird derzeit für den MarktTreff am Regionalen Marktplatz gebaut. (Foto: ews group)

K i e l    MT 25.07.2018 – Die jährlich stattfindenden Besuche der mehr als 35 MarktTreffs im Land standen jetzt stark unter dem Einfluss der im Mai 2018 erfolgten Kommunalwahlen. Gerade erst hatten sich die gemeindlichen Gremien etabliert, da besuchte das Beraterteam der ews group und der BBE Handelsberatung die Standorte – und traf auf bekannte sowie viele neue Gesichter. In Einzelgesprächen wurde mit neuen sowie erfahrenen Bürgermeistern, mit Betreibern und Ehrenamtlern die wirtschaftliche Lage und die Zufriedenheit vor Ort ermittelt und diskutiert. „Wir waren sehr überrascht, wie sich gerade neue Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zu den örtlichen MarktTreffs bekennen. Der Wert für die Zukunftsfähigkeit der Gemeinden wird betont“, resümiert Ingwer Seelhoff, Projektmanager der ews group, die Ergebnisse. Weiter standen in den Gesprächen die wohnortnahe Versorgung, die Auswirkungen der Digitalisierung und die rechtzeitige Regelung der Nachfolge bei Kaufleuten im Mittelpunkt.

Gleich zwei Standorte wurden erstmals zu Jahresgesprächen angesteuert: der im August vergangenen Jahres eröffnete MarktTreff Todenbüttel (Kreis Rendsburg-Eckernförde) und der MarktTreff Wiemersdorf (Kreis Segeberg), der im Januar 2018 seinen Betrieb aufnahm. „Beide MarktTreffs haben gute Starts hingelegt“, betont Seelhoff. So sind das Todenbütteler Kaufmannsehepaar Felix und Johanna Buttenschön sowie Gastronom Philip Stachura (Betreiber des Restaurants „Hausmannspost“ im MarktTreff Wiemersdorf) und „Coffee & Snacks“-Betreiberin Gabi Paul an den neuen Standorten sehr zufrieden – und ihre Kundinnen und Kunden anscheinend auch.

In einer Reihe von MarktTreff-Dörfern sind nach der Kommunalwahl neue Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gewählt worden. Bereits jetzt haben sich viele von ihnen als glühende Verfechter der MarktTreff-Idee geoutet. Beispielsweise Waltraut Meier in Neuwittenbek (Kreis Rendsburg-Eckernförde) am Nord-Ostsee-Kanal. Für sie erfüllt der MarktTreff „De Wittenbeker Höker“ mit seinem Frauenteam und dem stark regional geprägten Angebot seit Jahren eine wichtige, auch soziale Funktion im Dorf. „Und ich bin selbst eine Kundin, hole mir jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit hier einen Morgenkaffee.“ Für ihren Amtskollegen Ralf Tiessen – gerade in Christiansholm (Kreis Rendsburg-Eckernförde) zum Bürgermeister gewählt – ist das MarktTreff-Projekt schon längere Zeit eine Herzensangelegenheit. Nun erhält der MarktTreff mit einem regionalen Marktplatz mit Automatenangebot direkt an der Bundesstraße 202 einen weiteren Schub.

Beidenfleth im Kreis Steinburg entwickelt sich immer mehr zu einem Spitzenreiter bei der Versorgung mit regionalen Produkten. „Wir haben bereits die Waren von 16 regionalen Produzenten in unserem MarktTreff. Das wollen wir weiter ausbauen“, erzählt Andreas Eckelmann, der seit rund sechs Monaten den MarktTreff leitet. Seit der Übernahme durch ihn hat sich einiges verändert. Die Verbindung zu den Höfen und Produzenten ist über ein ehrenamtliches Helfernetz organisiert. „Einige bringen auf ihrer Rückfahrt vom Arbeitsplatz die Waren mit. Das klappt gut“, ergänzt der agile Kaufmann. Eckelmann verwaltet seine Logistik und sein Kassensystem über eine Cloud – auch das eine Neuerung. Und der Wegfall der örtlichen Sparkasse in dem 850 Einwohner Dorf ist für Eckelmann kein Thema: „Wir bieten den Kunden einfach Cash back an – bis 200 Euro zahlen wir beim Einkauf problemlos mit aus.“ Für die Zukunft wünscht sich Eckelmann einen Kunden-Flyer, der ganz einfach die Vorteile von MarktTreff vermittelt. Den Einwohnern müsse verdeutlicht werden, wie wichtig die Unterstützung durch jeden einzelnen Haushalt ist, um die Nahversorgung am Ort zu halten. Dies ginge ganz einfach: „Im MarktTreff einkaufen!“ Damit werde man mit zum „Retter“ und ist nicht nur Kunde. Auch persönliche Gespräche, zum Beispiel an der Haustür, hätten gute Ergebnisse gebracht – „so kann man neue Kunden direkt informieren und gewinnen“.

Eine besondere Stellung in der „MarktTreff-Familie“ nimmt das Landeskulturdenkmal Hof Viehbrook (Kreis Plön) ein. Hier hat sich in den vergangenen Jahren ein einzigartiger Anziehungspunkt entwickelt: Gastronomie, Tagungen, Heirats- und Taufstube – und natürlich viele Haus- und Nutztiere. Die Besucher und Gäste gehen in den integrierten „MarktTreff“ und decken sich mit regionalen Produkten als Mitbringsel ein. „Unsere Kooperation mit einer nahen Schlachterei läuft gut“, erläutert Kirsten Voß-Rahe von der Betreiberfamilie. Als Beispiel führt sie die Wildprodukte aus eigener Gatterhaltung an. Der Clou: Das renommierte Ritz Carlton Hotel in der Autostadt Wolfsburg bezieht Wildprodukte von Hof Viehbrook. Für die Zukunft haben sich die Viehbrooker noch einiges vorgenommen: So steht die hauseigene Kochschule für 20 Teilnehmer kurz vor der Eröffnung, die Planung für den Bauernhof-Kindergarten läuft.

Die wirtschaftliche Entwicklung im Berichtszeitraum des Jahres 2017 spiegelt sich in Zahlen so wider: 14 zeichneten sich im Jahr 2017 durch ein stabiles Ergebnis aus, neun Betreiber erzielten sogar eine Steigerung bei Umsatz oder Ertrag. In einer Phase des Auf- und Umbruchs sind zwölf Standorte, da sie derzeit ihren Betrieb starten oder neu ausrichten. In kritischer Lage sind drei Standorte. Insgesamt ist das MarktTreff-Projektteam zufrieden mit den Ergebnissen der diesjährigen Bereisung. Zudem hat im ersten Halbjahr 2018 das sonnige Wetter für gute Umsätze gesorgt.
 Natürlich gibt es weiter Standorte, die neue Betreiber suchen, aber es zeichnen sich Lösungen ab. Mehrfach wurde in den Gesprächen über eine stärkere Kooperation unter dem Markendach diskutiert. Dieses Anliegen stellt sich bis heute als schwierig dar. Grund dafür sind die Rahmenbedingungen, die an den einzelnen Standorten doch sehr unterschiedlich sind. 

„Die MarktTreff-Genossenschaften haben sich gut etabliert“, ergänzt Berater Oliver Ohm (BBE Handelsberatung) für das landesweite Bereisungsteam. In Kirchbarkau (Kreis Ostholstein), in Delve (Kreis Dithmarschen) sowie in Heidgraben (Kreis Pinneberg) haben sich viele Bürgerinnen und Bürger für ihre MarktTreffs zusammengetan und auch finanziell engagiert. „Das spricht sich rum im Land. Die Vorstände sind viel unterwegs und beraten weitere Gemeinden in Sachen Gründung einer Genossenschaft.“ Etwas weniger Bürokratie wäre dabei hilfreich – dieser Wunsch sei häufig zu hören, ergänzt Ohm. Aber erfüllt werden könne das nur vom Gesetzgeber – und der sitze nun mal im fernen Berlin.

Im MarktTreff Beidenfleth sind auf einer Karte die regionalen Lieferanten entsprechend vermerkt.   (Foto: ews group)

nach oben